"In ihrem Grundsatzurteil haben die Verfassungsrichter festgestellt, dass die Regelleistungen für Erwachsene und das Sozialgeld für Kinder nicht dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum genügen. Nicht die Höhe der Sätze haben sie als verfassungswidrig verworfen, vielmehr deren Bemessung. Zum Beispiel hat es die Bundesregierung versäumt, den Bedarf für Kinder überhaupt zu ermitteln. Das Gericht setzt der Regierung eine kurze Frist. Vom nächsten Jahr an müssen die Sätze nach klaren Regeln ermittelt und rasch an aktuelle Entwicklungen angepasst werden. Das wird hoffentlich die Klageflut vor den Sozialgerichten eindämmen."
(Aus einem Beitrag in der FAZ)
Was lese ich aus diesen Zeilen von Holger Seltzner?
Nach dem Grundrecht - welches im Grundgesetz geregelt ist - haben Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, nicht ausreichende Mittel, um ein menschenwürdiges Leben zu führen. Hier schlussfolgere ich: Diese Menschen haben zu wenig Geld, um die Grundbedürfnisse von Leib und Seele zu bedienen, also müssen sie mehr Geld bekommen. Die Regelsätze werden jedoch nicht in Frage gestellt und schon gar nicht bemängelt. Nur die Art und Weise, wie die Höhe des Regelsatzes von Kindern zustande kam, wird kritisiert. Den Regierenden bleibt eine kurze Frist, um die Regelsätze nach klaren Regeln zu ermitteln und anzupassen. Dann, so die Hoffnung, haben die Betroffenen keinen Grund mehr, die Sozialgerichte zu bemühen.
Bei solchen Texten packt mich die Wut und ich sehe mich, bis an die Zähne bewaffnet in einem Panzer sitzend, vor dem Reichstagsgebäude - in dem die Regierenden genüsslich ihre nun glasklaren und wasserdichten Vorschläge zum Regelsatz in Gesetze gießen - diesem Gesindel den Garaus machend. Nun gut, ich weiß, das bringt nichts, also beruhige ich mich wieder.
Meine Prognose dazu: Es wird sich nichts verbessern, sondern verfassungkonform verschlechtern. Das Grundgesetz ist, mit ein bisschen Neusprech, dahingehend schnell geändert. Da eh schon im Raum steht, das Grundgesetz wegen der Jobcenter zu ändern, ist das ein Abwasch.
PeWi hat zu diesem Thema auch einen Eintrag gemacht, dem ich im Großen und Ganzen nur zustimmen kann.
Seit langer Zeit frage ich mich, was sind wir nur für eine Gesellschaft? Auch Feynsinn macht sich dazu Gedanken. Haben wir wirklich nichts aus der Geschichte gelernt? Sind wir so blind, dass wir die Parallelen nicht sehen? Viele Menschen habe ich kennengelernt, die vorgeben, die Menschen zu lieben, wobei sie jedoch bei sich selbst und ihrem engsten Umfeld stecken bleiben. Außerhalb dieses Kreises ist ihre Menschenliebe doch sehr diffus. Die Generationen nach dem zweiten Weltkrieg haben gefragt und fragen heute noch: Wie konnte das geschen? Werden kommende Generationen dasselbe fragen, wenn unsere Zeit Geschichte ist? Ich hoffe, sie haben den Mut ihren Eltern und Großeltern zu sagen: Ihr hättet es wissen können, diese Ausrede kaufen wir euch nicht ab. Leider hatte ich nicht den Mut dazu ...
Paulinchen
Habe den Bericht gelesen. Heuchlerischer geht es kaum noch. Ausgerechnet das Blättle, welches kräftig die Mutation vom Menschen zur Ich-AG mit forciert, schreibt vom sozialen Zusammenhalt. Wobei die leidige Klageflut endlich ein Ende finden solle, was dann als Bemessungsgrundlage für einen wiedergefundenen sozialen Zusammenhalt aussagefähig sein soll. Witzig. Das Reiche ihr Geld in die Schweiz tragen, ist natürlich nur eine Vermutung, und die immer weiter schrumpfende Mitte spielt das Opfer von allem, wobei die Ignoranz dieser Mitte den Reichen doch erst das Geld dort hin gibt, wo es über die Berge getragen werden kann. Herrlich mittige Einfalt, - vorzugsweise auftauchend beim Aufschlagen mit dem Kopf am rechten Rand.
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