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Donnerstag, 24. Dezember 2015

Zwei Gedichte zum Weihnachtsfest 2015

Vom Schenken


Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten die Gabe wiegen,
sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei,
was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
dass dein Geschenk -
Du selber bist.

Joachim Ringelnatz


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STILLE NACHT, HEILIGE NACHT


Über die stille und heilige Nacht,
da hab´ ich mir oft schon Gedanken gemacht.
Doch komme ich dabei nur stets zu dem Ziel,
von “Stille und heilig”, da ist nicht mehr viel.
Denn was ist an Stille, und was noch an Frieden,
uns heute auf diesem Erdball beschieden?

Früher, da hat uns die heilige Nacht,
im kältesten Winter noch Wärme gebracht.
Und gerne und oft träum´ ich auch noch heut´
von den Heimlichkeiten der Vorweihnachtszeit.

Mit einfachsten Mitteln verstanden die Alten
die Weihnachtszeit heiter und froh zu gestalten.
Ein Jedermann hatte das feste Bestreben
dem Ander´n nur Freude und Liebe zu geben.

Da wurde gesägt und gefeilt und lackiert,
was an Spielzeug entzwei war noch schnell repariert,
die Mutter stach Herzen und Plätzchen aus
und nach Mandeln und Nüssen roch es im Haus.

Ganz untätig war´n auch die Kinder nicht,
sie lernten noch schnell ein Weihnachtsgedicht
und dazu dann noch ein ganz neues Lied,
weil das Christkind doch alles hört und auch sieht.

Am Abend da saß dann zu dämmriger Stunde,
die ganze Familie in vertrauter Runde.
Man erzählte und hörte, man sang und man spielte
und man wusste genau, was der andere fühlte.
Man hatte noch für den anderen Zeit
und war innerlich für die Weihnacht bereit.

Man saß in der Küche und hat aus dem Herd
das Zischen von Bratäpfeln wieder gehört.
Die Wohnzimmertür war seit langem schon zu,
denn der Raum war für Kinder und Eltern tabu.

Die Tür wurde erst wieder aufgemacht
am ersehnten Abend der heiligen Nacht.
Und riefen zur Christvesper abends die Glocken,
dann blieb damals niemand zu Hause hocken.
Die heilige Nacht ohne Kirchgang? - Auf Ehre,
das war was, was niemals gegangen wäre!

Man sah überm Altar den leuchtenden Stern
und hörte die frohe Botschaft des Herrn.
Viel schöner und heller erschienen die Kerzen,
sie strahlten hinein in geöffnete Herzen
und dazu erklangen, wie jedes Jahr wieder,
die alten innigen Weihnachtslieder.

Und ein ganz tiefer Frieden stellte sich ein,
trat man hinaus in den Sternenschein.
Man war fest überzeugt: “Wir sind nicht verloren,
denn Christus, der Heiland, ist wieder geboren!”

Eine Bilderbuch-Weihnacht, so werdet ihr sagen,
doch möcht´ ich euch dazu nur folgendes fragen:
Habt ihr noch die Zeit, euch mit euren Kleinen
auch gemeinsam um einen Tisch zu vereinen?
Singt ihr noch die Lieder der heiligen Nacht?
Habt ihr schon mal selber ein Spielzeug gemacht?

Eilt ihr nicht ins Kaufhaus und sucht mit den Händen
Geschenke, in längst schon durchwühlten Ständen?
Ihr sucht und ihr hastet und seid ganz geschlaucht
und ihr kauft irgend etwas, was nie jemand braucht.
Doch das ist nicht wichtig, wichtig ist jetzt,
dass man keinen vergisst, dass man keinen verletzt.

Und so rennt ihr denn weiter, total überlastet,
doch man achtet nicht drauf, es wird weiter gehastet.
Und wirklich, am heiligen Abend dann,
kommt ihr mit den letzten Geschenken dann an.

Ihr seid zwar erledigt und ehrlich gestresst,
doch nun kann es kommen, das Weihnachtsfest.
Und es kommt auch wieder, das ist ja ganz klar,
denn Weihnachten gibt es nun mal jedes Jahr.

Doch rufen die Glocken zur heiligen Nacht,
dann wird nicht im Traum an die Kirche gedacht.
Was soll man denn da in die Kälte hinaus?
Die Weihnacht holt man sich per Fernseh´n ins Haus.

Ein Knopfdruck genügt schon und der Apparat
hat die perfekte Weihnacht parat.
Doch was ist ´ne Andacht im Fernseh´n schon wert,
wenn sie niemand beachtet und keiner sie hört?
Es sieht niemand hin und es läuft auch kein Ton.
Was gibt´s da schon Neues? - Das kennt man doch schon!

Dann kommen die Kinder, sie stehen im Raum
und schauen hinauf zu dem Plastikbaum. -
Zwar sieht man auch heut ´ an den Tannenspitzen
immer noch goldene Lichter blitzen,
doch bei näherem Hinseh´n  erkennt man schon bald,
dieses Licht wärmt nicht, weil es künstlich und kalt.

Es blendet das Auge, es wärmt das Gesicht -
Doch bis in die Herzen, da dringt es nicht!
Und so stehen die Kinder verlegen und stumm,
eine ganze Weile wohl noch so herum.

Es wird nicht gesungen, kein Weihnachtsgedicht,
auch die Weihnachtsgeschichte - man hört sie nicht.
Der Kassettenrecorder, der Technik sei Dank,
beliefert uns laut mit dem Weihnachtsgesang.

Doch das wird von allen fast gar nicht vernommen,
man sieht erst, was so an Geschenken gekommen,
und weiß man es dann und man sieht diesen Haufen,
dann ist auch die Weihnacht schon ziemlich gelaufen.

Nun wird´s etwas lauter, die Kinder sie spielen,
falls sie nicht noch in den Geschenken wühlen.
Und dazu ertönt dann, wieder und wieder,
das Weihnachtslied aller Weihnachtslieder.

Aber heute, das weiß man, da kennt man sich aus,
gehören die Lieder nun einmal ins Haus!
Doch gleich darauf gibt´s ein neues Geschrei,
denn das erste Spielzeug ging schon entzwei.

Da plärrt nun das Tonband, jedoch nicht viel minder
ist auch das Geheul der enttäuschten Kinder.
Doch wird die Geschichte erst richtig perfekt,
als der Vater `nen Fehler der Mutter entdeckt.
Die Ärmste, sie hat doch total vergessen,
einen Tisch zu bestellen, für`s Mittagessen.

Nun, die Stimmung auf diesem Weihnachtsfest,
sich wohl allzu leicht nur erraten lässt.
Die Kinder enttäuscht, die Eltern verzankt,
und dazu erklingt, dass es jedem nun langt,
zum vierzigsten Male, mit aller Macht,
das Lied von der stillen und heiligen Nacht.

Ich hab` eine Bitte, sie sei nicht verwehrt,
auch ich möchte schreien, dass jeder sie hört:

Oh Herr, gib es noch einmal, gib Frieden auf Erden,
und lass es noch einmal wie einst wieder werden!

Oh Herr, lass es uns nur noch einmal erfahren,
was du uns geschenkt hast vor zweitausend Jahren,
als du die Erlösung, den Frieden gebracht!

Oh Herr, gib

“DIE STILLE, DIE HEILIGE NACHT!”
Gerhard Mühe





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Ein gesegnetes und friedliches Weihnachtsfest wünscht Paulinchen


Donnerstag, 28. November 2013

Botschaft der Lebenskunst

Der römische Brunnen

Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.



Montag, 24. Dezember 2012

Weihnachtswunsch

Weihnachtswunsch

Wir bitten Gott den Allmächtigen,
er möge uns behilflich sein,
dass wir Weihnachten nicht wie Karneval feiern,
dass wir das Wunder von Bethlehem nicht mit einem
Musical plus Domführung und Rhein in Flammen verwechseln,
sondern dass wir die Stille und das Heilige
nicht nur in dieser Nacht neu entdecken –
unser kleines und endliches Sein spüren
mit Jesus Christus gleichsam auf die Welt kommen,
auch wenn wir schon betagt sind.

Große Freude ist uns verkündigt worden,
soll in uns leben,
Erbarmen und Zuversicht wecken,
uns begleiten.
Christus ist unter uns, urjung und uralt,
Freiheit und Erlösung, als Geschenk.

(Hanns Dieter Hüsch)
 Gefunden bei: http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/4619137

In diesem Sinne wünscht Paulinchen allen ein  gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Übergang in ein - vielleicht friedlicheres - Jahr 2013
 

Sonntag, 25. Dezember 2011

Die Weihnachtsmaus

Die Weihnachtsmaus ist sonderbar
(sogar für die Gelehrten),
Denn einmal nur im ganzen Jahr
entdeckt man ihre Fährten. 


Mit Fallen und mit Rattengift
kann man die Maus nicht fangen.
Sie ist, was diesen Punkt betrifft,
noch nie ins Garn gegangen. 


Das ganze Jahr macht diese Maus
den Menschen keine Plage.
Doch plötzlich aus dem Loch heraus
kriecht sie am Weihnachtstage. 


Zum Beispiel war vom Festgebäck,
das Mutter gut verborgen,
mit einem mal das Beste weg
am ersten Weihnachtsmorgen. 


Da sagte jeder rundheraus:
Ich hab´ es nicht genommen!
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
die über Nacht gekommen.


Ein andres Mal verschwand sogar
das Marzipan von Peter;
Was seltsam und erstaunlich war.
Denn niemand fand es später.


Der Christian rief rundheraus:
ich hab es nicht genommen!
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
die über Nacht gekommen! 


Ein drittes Mal verschwand vom Baum,
an dem die Kugeln hingen,
ein Weihnachtsmann aus Eierschaum
nebst andren leck`ren Dingen.


Die Nelly sagte rundheraus:
Ich habe nichts genommen!
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
die über Nacht gekommen!


Und Ernst und Hans und der Papa,
die riefen: welche Plage!
Die böse Maus ist wieder da
und just am Feiertage!


Nur Mutter sprach kein Klagewort.
Sie sagte unumwunden:
Sind erst die Süßigkeiten fort,
ist auch die Maus verschwunden! 


Und wirklich wahr: Die Maus blieb weg,
sobald der Baum geleert war,
sobald das letzte Festgebäck
gegessen und verzehrt war. 


Sagt jemand nun, bei ihm zu Haus,
- bei Fränzchen oder Lieschen -
da gäb es keine Weihnachtsmaus,
dann zweifle ich ein bißchen!


Doch sag ich nichts, was jemand kränkt!
Das könnte euch so passen!
Was man von Weihnachtsmäusen denkt,
bleibt jedem überlassen.
James Krüss

Freitag, 23. Dezember 2011

Der eingesparte Weihnachtsmann


Der Weihnachtsmann ist übel dran
Er muss jetzt alles tragen
Hat keinen Schlitten, kein Gespann
Hat nicht mal einen Wagen

Sein Antrag wurde abgelehnt
Die Gelder sind gestrichen
Das ist nun mal der große Trend
Man kennt das ja inzwischen

Auch mit mit der Bahn kann er nicht fahr´n
Die ist ja viel zu teuer
Und auf ein Auto noch zu spar´n
Verhinderte die Steuer

Die wird ja nun auf jeden Dreck
Auf jeden Pups erhoben
Und Leistungen, die fallen weg
So woll´n es die da oben

Der Weihnachtsmann fragt: Liebe Leut
Ja, wollt ihr mich verkohlen?
Soll´n sich die Kinder weit und breit
Die Sachen selber holen?

Da tönt´s: Wir sparen ganz gerecht
Bis alle Schuld beglichen
Und wenn du aufmuckst, alter Knecht
Dann wirst du auch gestrichen

Freitag, 21. Oktober 2011

Angst

Diese 1000 Ängste,
die dich peitschen,
lähmen deinen Lebensbaum. -

Du traust dir nicht,
die Äste in die Sonne zu ragen,

du fürchtest,
aus der Tiefe Wasser zu saugen
mit deinen Wurzeln.
So bleibst du klein und kraftlos.

Unauffällig stehst du abseits,
während man große, kräftige
Bäume fällt,
die so waren, wie du gern wärst.

Und ein Angstring mehr 
schließt sich um deinen glatten Stamm,
als du hörst:
"Der musste weg, der
war uns im Weg!"

Lass dich nicht fangen 
von der Angst.
Kristiane Allert- Wybranietz

Aus: "Du sprichst von Nähe"
Verschenk-Texte von Kristiane Allert-Wybranietz

Samstag, 6. August 2011

Im Gedenken an Hiroshima und Nagasaki

An meine tote Mutter und meinen toten Vater

Dieser glühende Lichtschein eines Augenblicks
Riss Eure Leben fort,
Und jetzt seid Ihr dahingegangen in die Ewigkeit...
Ohne Abschiedsgruß, ohne ein letztes Glas auf Erden,
Tauchtet Ihr lebendig in dieses Höllenfeuer.
Ach, welch schrecklichen Verbrechens wart Ihr schuldig?

Nach einem Jahr wartete ich noch.
Nach zwei Jahren betete ich um ein Wunder.
Nach drei Jahren schloss ich endlich, ja,
Ihr seid gestorben,
Und zum ersten Mal weinte ich vor Schmerz.

Unter der verzehrend brennenden Sonne,
Ohne Schirm,
In Hamaguchi-machi, wo keine lebende Seele übrig blieb,
Klimperten Stücke menschlicher Knochen
Wie Muscheln in meiner Hand.
Und das war kein Traum.

Die Wunde in meinem Herzen blutet noch
Auf der Suche nach Euch, Mutter und Vater, wie ein verlorenes Kind.
Ach, dies war der Tag,
Seit dem mein Leben einen richtungslosen Lauf nahm.
Meine erstickte Seele hat sogar das Sprechen vergessen
Und ein leerer Tag folgt auf den anderen.

Vierzig Jahre sind vergangen.
Die Menschen leiern sinnlose Friedensgebete,
Währenddessen hat das Wissen, das Euch als Trittstein benutzte,
Waffen erfunden,
Vor denen selbst die Götter sich angstvoll ducken,
Und es hat die menschliche Rasse
Noch weiter hinabgestoßen auf dem Weg zur Vernichtung.
Auszug aus: "Die atomare Wüste" von Sumako Fukuda

Übertragen aus dem Englischen von Günter Minas

Eingestellt mit freundlicher Genehmigung von Günter Minas. Dankeschön!

Donnerstag, 20. Januar 2011

WEG VON HIER

I.
Laufen, rennen,
immer weitergehen,
fortschreiten, vorwärtsstürmen -
bloß nicht stehen bleiben!

Ich könnte ja merken,
dass ich es gar nicht bin,
die da
läuft, rennt, weitergeht,
fortschreitet,
vorwärtsstürmt.

II.
Reden, diskutieren, debattieren,
argumentieren, unterhalten -
bloß nicht schweigen!

Ich könnte ja merken,
dass es nicht meine Reden,
meine Themen, meine Debatten,
nicht meine Argumente sind.

III.
Stehenbleiben und schweigen,
tief durchatmen und lernen:
endlich einmal  m i c h  zu sehen,
endlich einmal  m i c h  zu hören,
endlich einmal  m i c h  zu fühlen.

- Hier will ich bleiben. -
Kristiane Allert-Wybranietz

Aus: "Wenn's doch nur so einfach wär"
lucy körner verlag

Freitag, 24. Dezember 2010

Alle Jahre wieder

Ein Frohes Fest und viel Freude und Spaß im Neuen Jahr wünscht Paulinchen















Die Weihnachtsgans

Tiefgefroren in der Truhe
liegt die Gans aus Dänemark.

Vorläufig lässt man in Ruhe
sie in ihrem weißen Sarg.

Ohne Kopf, Hals und Gekröse
liegt sie neben dem Spinat.

Ob sie wohl ein wenig böse
ist, dass man sie schlachten tat?

Oder ist es nur zu kalt ihr
man siehts an der Gänsehaut.

Na, sie wird bestimmt nicht alt hier
morgen wird sie aufgetaut.

Hm, welch Duft zieht aus dem Herde,
durch die ganze Wohnung dann.

Mach, das gut der Braten werde -
Morgen kommt der Weihnachtsmann.

Heinz Erhard, 1909-1979

Freitag, 17. Dezember 2010

Worte die Kraft geben

William Ernes Henley:

Invictus (Unbezwungen)

Aus dieser Nacht, die mich umhüllt,
von Pol zu Pol schwarz wie das Grab,
dank ich welch immer Gottes Bild
die unbezwung'ne Seele gab.

Wenn grausam war des Lebens Fahrt,
habt ihr nie zucken, schrein mich seh'n!
Des Schicksals Knüppel schlug mich hart - 
mein blut'ger Kopf blieb aufrecht stehn!

Ob zornerfüllt, ob tränenvoll,
ob Jenseitsschrecken schon begann:
das Grauen meines Alters soll
mich furchlos finden, jetzt und dann.

Was kümmert's, dass der Himmel fern
und dass von Straf' mein Buch erzähl',
ICH bin der Herr von meinem Stern,
ICH bin der Meister meiner Seel'!
Quelle




Auf dieses Gedicht wurde ich aufmerksam durch den Film "Invictus" von Clint Eastwood.

Donnerstag, 18. November 2010

Und du sagst, du kannst nichts tun!

Ein gutes Wort,
eine nette Geste ...

... ein Schritt
weiter ins helle Feld der 
Menschlichkeit.

Einmal auseinandersetzen in ruhigem Gespräch.
Nicht einander zusetzen im Streit ...

... ein Takt
mehr in die Friedensmelodie.

Einmal etwas mehr geben,
einwenig verzichten ...

... ein Licht 
mehr in der dunklen 
Gerechtigkeitsecke.

Einmal mehr versuchen,
zu verstehen ...

... ein Grad plus
weiter fort vom
Gefrierpunkt des Liebesthermometers.

Einmal mit offenen Augen
durch die Welt gehen,
sehen, dass es noch andere
und anderes gibt.

UND DU SAGST, DU KANNST NICHTS TUN!
Kristiane Allert-Wybranietz

Aus: "Trotz alledem"
lucy körner verlag

Dienstag, 9. November 2010

Reine Handarbeit

Wir stricken unser Leben.

Manche wählen ein kompliziertes Muster,
andere ein schlichtes.
Es ist ein buntes Maschenwerk
oder ein Stück in tristen Farben.

Nicht immer können wir 
die Farbe selber wählen;
auch die Qualität der Wolle wechselt,
mal weiß und wolkenflauschig,
mal kratzig und hart.
Die einen stricken liebevoll und sorgsam,
andere mühevoll und ungern.
Und so manchmal schmeißt einer 
das Strickzeug in die Ecke.
Und öfters lässt du eine Masche fallen,
oder sie fällt ohne dein Zutun.
Du hast die Nadeln in der Hand!
Du kannst das Muster wechseln,
die Technik oder das Werkzeug.

Nur aufribbeln
kannst du nicht
ein klitzekleines Stück.
Kristiane Allert-Wybranietz

Aus: "Trotz alledem"

Montag, 1. November 2010

Ich sah nie

Ich sah nie einen zweifelnden Berg,
nie eine unsichere Rose,
keinen fanatischen Stein,
nie depressive Wolken,
keinen durchgestylten Himmel.

Nie begegnete mir ausgebranntes Feuer,
noch traf ich verlogenes Wasser.

All diese Adjektive
tragen wir Menschen allein
- als fraglichen Schmuck.
Kristiane Allert-Wybranietz

Aus: "Willkommen im Leben! Wo warst Du solange?"

Mittwoch, 4. August 2010

Optische Täuschung

Oftmals fragen sie,
"was ich studiert habe"
und
die verblüfften Gesichter,
wenn ich sage,
ich sei völlig unakademisch,
sind manchmal sehenswert.

Zur Schule jedoch bin
ich gegangen
und lernte dort wenig
vom wirklichen Leben.

Was hätte da die Uni genutzt.
Schlimmstenfalls wäre ich
heute akademisch verbildet,
was wenig zu tun hat
mit im Bilde zu sein -
in Sachen Leben.
Kristiane Allert-Wybranietz

Aus: "Du sprichst von Nähe"

Donnerstag, 29. Juli 2010

Was ich dir wünsche

Kraftvolle Erinnerungen an gelungene Momente
der Selbstwerdung. Mitten in deinen
Zweifeln wünsche ich dir
jenes unerwartete Wort, das aufrichtet zum
nächsten Schritt, jene zärtliche Geste,
die bewegt zu mehr Selbstvertrauen,
jene Erinnerung, die vom Aufbruch
auswegloser Situation erzählt.
In unerwarteten Begegnungen
sei dir geschenkt.
was dein Herz sucht.
Pierre Stutz

Mittwoch, 28. Juli 2010

Prophylaxe

Was habe ich mit
zerfetzten Menschen
zu tun,

fragst du mich
ungehalten.

Noch nichts direkt,
mein Freund,
noch kennst du sie allein aus dem TV,
Bilder ohne Schreie, ohne
Gestank, ohne Schmerz
und Wehklagen.
Doch fühle dich nicht sicher,
mein Freund, wenn
zuschauen alles ist,
was du tust.
Kristiane Allert-Wybranietz

Aus: "Willkommen im Leben! Wo warst du solange?"

Samstag, 29. Mai 2010

WER SCHWEIGT STIMMT ZU

"Reden ist Silber
und schweigen ist Gold
Wer Gold hat kann schweigen
doch wer hat gewollt
dass Du nach der Weise
entmündigter Greise
nur heimlich und leise
das Unrecht verfluchst?

Denn schweigst Du nur immer
wird alles noch schlimmer
siehst nie einen Schimmer
vom Recht das du suchst

Denn für den der nichts tut
der nur schweigt so wie Du
kann die Welt wie sie ist
auch so bleiben ..."

Wer schweigt stimmt zu
Herman van Veen

Samstag, 15. Mai 2010

Die Alchemie des Wohlstands

"Mach eine Ordnung, lang und schwer,
mimm Formeln und Symbole her,
verordne so, dass kaum zu finden,
Vermögen sei an Schuld zu binden.


Dann beides mit dem Zins versehe,

sorg, dass jedermann verstehe,

dass der, der hat und leiht, verzichtet,

dass der, der's nimmt, sich drumm verpflichtet,

zu tilgen Schuld, zu zahl'n noch mehr,
die Zinsen an den Gläubiger.

Sag, dass wohl ein jeder weiß,

dass alles habe seinen Preis.


Viele leih'n und investieren,

damit sie Wohlstand generieren,

doch die Zinsen sind ein Posten,

die den Unternehmer kosten.


Er legt sie auf die Preise um,

die alle zahlen beim Konsum.

So wird nun, wer sich will versorgen,
Zinsen zahl'n, die gut verborgen.


Vermögen wird mit Zins dotiert,

Zins zahlt, wer leiht und konsumiert.

Die Regel ist für alle gleich,

die Wirkung nicht für Arm und Reich.

Denn bei den Reichen überwiegen,

die Zinserträge, die sie kriegen,

gegenüber Zinseskosten

in den Konsumausgabeposten.


Die Differenz, die zahlt die Masse,
die im Dunkel du belasse.

Das System wächst, wie's erdacht,
mit exponentieller Macht,


verteilt mit unsichtbarer Hand

Vermögen um in diesem Land.

Kein böser Wille ist zu fassen,

wenn die Ordnung losgelassen.

Doch ist des Wachstums inn're Kraft

nicht für die Ewigkeit geschafft.

Drum schaue klar und blicke weit,

bring dich zur Zeit in Sicherheit."

Jürgen Kremer

Gefunden in "Humane Wirtschaft" Ausgabe Mai/Juni 2010

Samstag, 1. Mai 2010

Herzblut XVI. und XVII.

XVI

Wie unglücklich hast du mich gemacht!
Und doch, ich kann dich nicht lassen;
Ich liebe dich stets mehr und mehr -
Und sollte dich endlos hassen.

Mein letzter Stern ging unter,
Als du dich von mir gewandt;
Da bin ich mit vollem Herzen
In's leere Leben gerannt.

XVII.

"Dein Vers hat nicht das rechte Maß,"
So will man mich verweisen,
"An Fluß und Glätte fehlt es ihm" -
Und wie sie's sonst noch heißen.

Sie zählen an den Fingern ab,
Verbessern wohl zehnmal wieder;
Ich leg' die Hand auf mein blutendes Herz:
Was das sagt, schreib' ich nieder.
Ada Christen (1839-1901)

Quelle

Freitag, 30. April 2010

Herzblut XIV. und XV.

XIV.

Ach ja, es ist nur allzu wahr,
Was nützt dir mein Lieben und Leben,
Und würd' ich aus den Adern
Mein rotes Blut dir geben.

Blut ist Blut und bleibt es,
Und wird ja nie zu Geld,
Und Geld gehört zum Leben:
Das ist der Lauf der Welt.

Mein Leben nützt dir nichts;
Bezahlte man mich für's Sterben,
Ich stürbe ja gerne morgen
Um alles dir zu vererben.

XV.

Ich sehne mich nach wilden Küssen,
Nach wollustheißen Fieberschauern;
Ich will die Nacht am hellen Tag
Nicht schon in banger Qual durchtrauern.

Noch schlägt mein Herz mit raschem Drang,
Noch brennt die Wang' in Jugendgluten -
Steh' still, lösch' aus mit einem Mal!
Nur nicht so tropfenweis verbluten.
Ada Christen (1839-1901)

Fortsetzung folgt