Sonntag, 24. August 2014

Eine kritische Analyse des jahrzehntelangen jüdisch-palästinensischen Konflikts von Miko Peled

Der israelische Friedensaktivist Miko Peled spricht über sein neues Buch: "Der Sohn des Generals"

Miko Peled - Ein Israeli und Friedensaktivist über die Wahrheit in Israel

Um das lästige, sehr zeitaufwändige "Stopp and Go" zu vermeiden, habe ich den Text abgeschrieben und stelle ihn für Menschen, die die Thematik begreifen und nicht nur konsumieren wollen zur Verfügung.

Dies ist eine wunderschöne Kirche, also noch einmal Danke an den Pastor für die Erlaubnis sie zu nutzen. Und danke an Sie alle. Dafür, dass Sie heute hier sind und dafür, dass Sie sich engagieren und sich die Zeit nehmen zum Zuhören, um teilzunehmen und dafür, dass Sie aktiv sind.

Ich beginne immer mit einer Erklärung und sie lautet: Wer hierhergekommen ist, und hofft einen ausgewogenen Vortrag zu hören wird bitter enttäuscht werden. Ich sage das, weil vieles von dem was Sie heute hören werden, schwer zu ertragen ist und weil ich nicht glaube, dass ein ausgewogener Vortrag bei diesem Thema möglich ist. Jeder, dem es wichtig genug ist um über das hier zu sprechen ist wahrscheinlich fest von einer Seite überzeugt. Fast jeder hegt Gefühle und starke Emotionen in Bezug auf dieses Thema.

Für mich ist es etwas sehr persönliches und das Thema ist in sich selbst nicht ausgewogen. Es gibt keine Ausgewogenheit bei diesem Thema. Warum sage ich das? Weil es keine Ausgewogenheit geben kann und ich glaube, wenn jemand für sich Ausgewogenheit in Anspruch nimmt, täuscht er entweder sich selbst oder sein Publikum.

Dieses gesamte Thema um Israel und Palästina ist von so vielen Mythen überlagert und es gibt so viel Doppelmoral wenn über dieses Thema gesprochen wird, und ich nenne Ihnen zwei Beispiele:
Ich weiß nicht, ob Sie Bibi Netanyahus Rede vor der UN gehört haben. Ich hörte sie nicht live, sondern erst nachdem er sie gehalten hatte. Er begann mit den beiden wahrscheinlich treffendsten Beispielen von Mythos und Doppelmoral. Er begann vom Rückkehrrecht der Juden in ihre historischen Heimat zu sprechen.
Natürlich waren die Juden, die in ihre Heimat zurückkehrten nicht genau dieselben Juden, die ursprünglich vertrieben worden waren - weil diese bereits vor einigen tausend Jahren verbannt worden waren. Sie waren auch nicht ihre direkten Nachkommen - weil so viel Zeit dazwischenliegt. Die Leute die tatsächlich zurückkehrten - sozusagen - die Leute die tatsächlich zurückkehrten sind Menschen die eine Art Erbe in Anspruch nehmen - eine Art Verbindung oder Verwandtschaft mit den historischen Hebräern - und sie beanspruchen das Rückkehrrecht in ihre Heimat - und darum ging es im Zionismus und das wurde von der Welt akzeptiert. Als ein Recht. Sie haben das Rückkehrrecht.

Wenn man nun vom Rückkehrrecht von einer Nation spricht, und wenn es als Prinzip anerkannt wird, dann sollte man erwarten, dass es generell akzeptiert wird - in jeder Beziehung.

Wenn Menschen jedoch vom Rückkehrrecht der Palästinenser in ihre Heimat sprechen, taucht plötzlich eine rote Linie auf - und jeder sagt: Nein, wir können nicht vom Rückkehrrecht der Palästinenser sprechen. Das muss vom Tisch. Das ist nicht verhandelbar. Das Rückkehrrecht der Palästinenser ist nicht akzeptierbar.

Das Interessante daran: Beim Rückkehrrecht der Palästinenser sprechen wir oft von den realen Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten. Für den Fall, dass sie schon verstorben sind, dann sprechen wir von den direkten Nachfahren. Menschen, die noch die Schlüssel und den Grundbucheintrag zu ihrem Heim besitzen und nicht selten zu genau dem Ort gegen können an dem ein Dorf existierte - an dem sich heute vielleicht eine Schnellstraße befindet und sie können aufzeigen wo  sich die Moschee befand, wo die Quelle war und wo sich die Tür zu ihrem Zuhause befand. Dennoch kommen sie nicht in den Genuss des Rückkehrrechts. Offensichtlich geht es hier um Doppelmoral von gewaltigem Ausmaß.

Das andere Thema über das Bibi gleich zu Beginn sprach betraf König David der vor so ungefähr 3000 Jahren regierte, und heute stehen wir nun hier. Als seine Nachfahren. Das Interessante daran - neben der Tatsache, dass es keinen historischen Beweis dafür gibt, dass König David jemals existierte - abgesehen von der Bibel, die natürlich kein historisches Dokument ist - und israelischen Archäologen haben das gesamte Land auf den Kopf gestellt um einen Beweis für seine Existenz zu finden - heute während wir hier sprechen, wird eine gesamte Stadt, eine ganze Gemeinde aus ihrer Heimat vertrieben - und ins Exil gezwungen - gewaltsam - um zu beweisen, dass König David existierte. In einem Ort namens Siloam. Es ist eine Gemeinde mit 50.000 Einwohnern außerhalb der Stadtmauern des alten Jerusalem. Dennoch findet die Welt daran nichts Schlimmes.

Amerikanisches Geld wird in dieses Projekt geschüttet um etwas zu bauen was man die "Neue Stadt Davids" nennt. Eine archäologische Parkanlage - und eine Gemeinde von 50.000 Palästinenser muss terrorisiert werden, damit sie gehen - ihr Zuhause wird zerstört nur um diese Behauptung zu untermauern - diese fiktive, mystische Verbindung zwischen dem historischen Reich von König David und dem Israel von heute. Dies sind nur zwei Beispiele. Es war interessant, dass Bibi Netanyahu sich dazu entschied, seine Rede vor der UN mit diesen beiden Themen zu beginnen.

Was ich heute tun möchte - ich möchte mit ein wenig Geschichte beginnen.
Es wird gesagt, dass dieser Konflikt im Heiligen Land zwischen Israel und Palästinensern schon so lange besteht, dass es nicht zu den Dingen gehört, die noch von irgendjemand gelöst werden könnten. Das geht schon seit Tausenden von Jahren so. Menschen haben sich dort schon seit Ewigkeiten umgebracht. Das ist nicht wahr. Einen Anfangspunkt, beim Gespräch darüber wie dieser Konflikt begann, markiert der 29. November 1947 - der Tag an dem die Vereinten Nationen die Resolution annahmen die Palästina in einen jüdischen Staat und einen arabischen Staat teilt - und diese alberne Karte ist das was sie sich haben einfallen lassen.

Wenn Sie sich diese Karte ansehen - also noch bevor Sie Details erfahren - schon beim ersten Hinsehen scheint es unfassbar, dass irgendjemand erwartet hat, dass dies funktionieren würde - und natürlich hatte es nicht einen einzigen Tag Bestand.

Im Jahr 1947 gab es zwei Bevölkerungen die parallel nebeneinander lebten. Wir hatten die jüdische Bevölkerung mit ungefähr einer halben Million Einwohner, möglicherweise etwas weniger - sie erwarteten und hofften ein Staat zu werden - und wir hatten die arabische, die palästinensisch-arabische Bevölkerung mit etwa 1,5 Millionen Einwohnern - die auch in diesem Prozess waren und erwarteten ein Staat zu werden. Als sich jedoch die Vereinten Nation diesen albernen Plan einfallen ließen - entschieden sie sich dafür, die größere Landmenge der kleineren Bevölkerungsgruppe zu geben, der jüdischen Gemeinde - und den kleineren Anteil des Landes der größeren Bevölkerungsgruppe zu geben. Und dann wurde behauptet, und bis heute wird das noch gesagt: Seht, die Araber, die Palästinenser haben den Partitionsplan nicht akzeptiert - Darum sind sie an allem schuld!
Ist irgendjemand irre genug zu glauben, dass sie das akzeptiert hätten? 

Offensichtlich nicht, und offensichtlich, wie ich schon sagte, hielt das nicht einen einzigen Tag - denn von dem Moment an als diese Resolution verabschiedet wurde - begannen die zionistischen Kräfte, die Hagana, die Palmach mit einer gewaltigen Kampagne ethnischer Säuberung.

Die Geschichte, die wir hören, der Mythos, der uns über das Jahr 1947 erzählt wird - und ich habe ihn erst heute wieder bei der Seattle Times gehört - lautet, dass 1947, nachdem die Vereinten Nationen endlich dem jüdischen Volk das Recht auf einen eigenen Staat zugesprochen haben - die arabischen Armeen angegriffen hätten - mit der Absicht, diesen unerfahrenen Staat, diese junge jüdische Gemeinde zu zerstören. Und das nur wenige Jahre nach dem Holocaust der Nazis.

Aber irgendwie waren, zwischen dem Ende von 1947 und dem Ende von 1948, die zionistischen Kräfte dennoch dazu in der Lage - fast 80% des Landes zu erobern, über 500 Städte und Dörfer zu zerstören - inklusive Schulen und Moscheen und Kirchen und Wohnhäusern - und fast eine Million Menschen ins Exil zu schicken. In einer Zeitspanne von 12 Monaten. Wie waren sie dazu in der Lage, während sie gleichzeitig von außen durch gewaltige Armeen angegriffen wurden?

Aber noch einmal: Wenn wir uns die Fakten ansehen, stellen wir fest, dass 1947 die jüdische Gemeinde, die zionistische Bevölkerung - über eine beträchtliche Militärmacht verfügte. Sie hatte eine bewaffnete Streitmacht von fast 40.000 Mann. Gut ausgebildet und gründlich indoktriniert. Mein Vater war einer von ihnen.

Es gab kein Äquivalent auf der palästinensischen Seite. Die Palästinenser hatten niemals eine militärische Streitmacht gehabt. Bis zum heutigen Tag haben die Palästinenser nie über eine Armee oder eine militärische Streitmacht verfügt. Es gab kein Äquivalent auf der anderen Seite.

Die arabischen Armeen, so wie sie existierten, beteiligten sich nicht an diesem Krieg bis zum Mai 1948. Ein großer Teil der ethnischen Säuberung hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits stattgefunden. Der Krieg war bis dahin schon über 6 Monate im Gang. Also handelt es sich natürlich um einen Mythos. Ein Mythos, für den sich niemand Zeit nimmt, um zu recherchieren und zu hinterfragen.

Die Realität ist, dass in einem zwölfmonatigen Zeitraum so viel getan wurde, um das Ziel der zionistischen Kräfte zu erreichen: So viel Land wie möglich einzunehmen und so viele Menschen wie möglich los zu werden. Genau das ist es, was sie taten.

Judith hat Ihnen die Geschichte meiner Mutter näher gebracht. Das ist meine Mutter. Sie ist heute 86. Sie lebt noch immer in Jerusalem. Sie hatte mir einmal erzählt, dass sie, als sie jung war, gewöhnlich am Samstagnachmittag herumlief - und viele der schönen Stadtteile von Jerusalem - und damit meine ich das neue Jerusalem - das Jerusalem das außerhalb der Stadtmauern erbaut worden war  das waren palästinensische Gemeinden mit schönen Privathäusern - und sie lief da herum und sah Familien, die an einem Samstagnachmittag bei oder unter einem Zitronenbaum saßen. 1948 lebte sie noch immer in Jerusalem. Diese Gemeinden waren vertrieben und ihre Wohnhäuser waren israelischen Familien gegeben worden - und ihr war eines dieser Häuser angeboten worden - und wie Sie gehört haben, weigerte sie sich. Der Gedanke, einer anderen Familie das Heim wegzunehmen gefiel ihr gar nicht. Und dann sah sie die Plünderungen - und bis zum heutigen Tag merkt man ihr, wenn sie darüber spricht, ein Schamgefühl an.

Das Interessante daran: Ich erinnere mich, diese Geschichte als Kind gehört zu haben, vor vielen, vielen Jahren, und über einen sehr langen Zeitraum. Aber erst als ich an meinem Buch gearbeitet habe und noch einmal mit ihr darüber sprach - begriff ich, wieso mich diese Geschichte all die Jahre gestört hatte - denn diese Geschichte störte mich. Es gab etwas daran, was mich beunruhigte. Erst dann begriff ich. Sie beunruhigte mich, weil sie der nationalen Geschichtsschreibung widersprach. Sie widersprach dem was ich in der Schule gelernt hatte: Dass die Araber angegriffen hatten. Wir gewannen. Sie gingen. Und wir bekamen die Beute. Was ist falsch daran, ihre Häuser zu beanspruchen? Wenn das die Wahrheit ist, dann ist nichts Falsches daran ihr Zuhause zu beanspruchen. Sie hatten angegriffen und wir gewannen. Fair und gut!

Aber wie schon gesagt: Diese Geschichte, immer und immer wieder im Hinterkopf zu hören, beunruhigte mich. Und hier der Grund: Die Geschichte findet sich in der persönlichen Geschichte und nicht in der nationalen Geschichtsschreibung.

Der Titel des Buches ist: "Der Sohn des Generals" Der Untertitel: "Die Reise eines Israelis in Palästina". "Der Sohn des Generals" ist ein Großteil dessen was ich bin. Und hier mein Vater als General.

Nachdem der Staat Israel gegründet worden war und die jüdische Miliz zur israelischen Armee wurde, blieb er Offizier und machte eine lange und interessante Militärkarriere. 20 Jahre später, als man im Jahr 1967 die Kriegstrommeln hören konnte, war er bereits General. Sehr vieles würde darüber geschrieben was 1967 geschah - und warum der Krieg ausbrach - und darüber, wer den Krieg aus welchen Gründen begann. Viele Bücher wurden geschrieben und Filme wurden darüber gedreht - und es ist ein interessanter Zeitraum.

Um die Geschichtsschreibung anzusprechen - Sie erinnern sich bestimm - der ägyptische Präsident Nasser entschied sich die Friedenssicherungskräfte der UN aus dem Land zu werfen - die auf der Sinaihalbinsel stationiert waren, die Ägypten von Israel trennte. Entgegen dem Waffenstillstandsabkommen zwischen den beiden Ländern drang er mit ägyptischen Truppen auf die Sinaihalbinsel ein. Die Generäle sahen das als legitimen Kriegsgrund an. Und sie trieben den Krieg an. Das israelische Kabinett jedoch zögerte. Sie waren nicht begierig einen Krieg anzuzetteln. Ein Tauziehen zwischen diesen beiden Gruppen begann.

Es gab einen interessanten Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen - denn die Mitglieder des Kabinetts waren älter - die meisten von ihnen waren in ihren späten Sechzigern und Siebzigern. Sie waren noch im Exil geboren und trugen noch die gesamte Last des Exils in sich - die Pogrome - das war erst 25 Jahre nach dem Holocaust. Sie trugen all das in sich - und sie waren besorgt, dass ein Krieg zu einem weiteren Holocaust führen könnte. 

Die Generäle aber, waren in ihren frühen Vierzigern. Fast alle waren in Palästina geboren. Fast alle von ihnen waren 1948 Mitglieder der zionistischen Miliz gewesen - und sie waren das, was ich den "Neuen Juden" nenne, den die Zionisten erschaffen wollten. Voller Testosteron, und sehr durchsetzungsfähig, und bereit, und gewillt zu kämpfen. Und sie erschufen die israelische Armee. Sie wollten kämpfen. Sie erkannten eine Gelegenheit einen neuen Krieg zu beginnen.

Der Mythos, der uns erzählt wird, die Geschichte über den Krieg von 1967 lautet, dass Israel wieder angegriffen würde - von drei gewaltigen Armeen, die beabsichtigten Israel zu zerstören. Und wieder, wie durch ein Wunder, waren wir es, die Israelis, die sich durchsetzten. Weil wir schlauer sind, weil wir besser ausgebildet sind, weil wir motivierter sind - und wie, kürzlich wieder gehört, wir möglicherweise irgendwie kulturell überlegen sind. Wer weiß? Aber aus all diesen Gründen - aus all diesen Gründen siegten wir. Und wir schlagen die arabischen Armeen.

Als ich an meinem Buch arbeitete, entschied ich mich ins Archiv der israelischen Armee zu gehen, um etwas über die Karriere meines Vaters zu erfahren. Wie ich schon sagte, hatte er eine sehr, sehr interessante Militärkarriere.

Ich war besonders interessiert an Sitzungsprotokollen - des Generalstabs, die zum Krieg von 1967 führen. Noch einmal: Viel ist über diese Sitzungen geschrieben worden. Also erwartete ich nicht irgendetwas neues zu finden - weil ich schon alles gelesen hatte was veröffentlicht war. Aber als ich zu lesen begann, sah ich etwas, was ich noch nirgendwo gesehen hatte. Mein Vater sagte - und einige der anderen Generäle sagen dies in ihrem Bestreben - das Kabinett davon zu überzeugen den Krieg zu beginnen. Die Aussage ist - dass die ägyptische Armee nicht auf einen Krieg vorbereitet ist. Und darum müssen wir jetzt angreifen. Genaugenommen sagten sie, dass die ägyptische Armee mindestens eineinhalb bis zwei Jahre braucht - um für einen Kriegseinsatz bereit zu sein. Darum bietet sich für uns eine enorme Gelegenheit, nun wieder - zum dritten Mal - die ägyptische Armee zu zerstören.

Die Tatsache, dass die ägyptische Armee ihre Gruppen nach Sinai gebracht hatte und näher zu uns - also näher zu Israel - macht es umso leichter für uns, sie zu zerstören. Abgesehen davon, dass nicht von einer existenziellen Bedrohung die Rede ist, sprechen sie von überhaupt keiner Bedrohung. Sie sprechen von - einer Gelegenheit, um ein weiteres Mal - die ägyptische Armee zu zerschlagen. Und ein weiteres Mal löst sich der Mythos auf.

Die Generäle setzten sich natürlich durch. Die Regierung gab grünes Licht für einen Präventivschlag gegen Ägypten. Die ägyptische Armee wurde binnen weniger Tage dezimiert - die Sinaihalbinsel wurde zurückerobert der Gazastreifen wurde eingenommen und die Generäle wollten mehr. Die Generäle wollten mehr. Sie wollten das Westjordanland - das einen wunden Punkt für sie darstellte, weil sie es bereits 1948 einnehmen wollten.

Sie waren junge Kommandeure im Jahr 1948 - und schon damals wollten sie das Westjordanland - aber aus politischen Gründen hatte Israel beschlossen es nicht einzunehmen. Hier bot sich die Gelegenheit, und sie nahmen das Westjordanland ein. Und sie wollte auch lange die Golanhöhen, weil sie hoch über - Galiläa liegen, und weil es dort viel Wasser gibt - und auch sie wurden eingenommen, Und es war auch viel Ehrgeiz im Spiel. Die Generäle wollten die Golanhöhen - die Generäle im Norden auch. Sie alle wollten die Siegeslorbeeren. Sie bezweifelten niemals, dass sie den Sieg erringen würden - in sechs Tagen. In sechs Tagen!

Die israelische Armee besiegte und zerstörte drei arabische Armeen - eroberte das Westjordanland, die Golanhöhen, die Sinaihalbinsel, den Gazastreifen- töteten über 15.000 arabische Soldaten - und es fielen 700 Soldaten der israelischen Armee. 15.000 zu 700. Das ist ein beträchtliches Größenverhältnis. Und all das wurde in sechs Tagen getan - während arabische Armeen einen Angriff auf sie verübt haben?

(Zwischenfrage aus dem Publikum)
Das ist eine weitere Geschichte über die niemand spricht. Die USS-Liberty. Das ist richtig.

Also löst sich der Mythos wieder auf, wenn man sich die eigentlichen Fakten ansieht.

Nun, mein Vater tat etwas sehr interessantes. Als der Krieg vorbei war, während des ersten Treffens der Generäle - das erste wöchentliche Treffen - stand er auf und sagte: "Jetzt bietet sich eine Gelegenheit - die palästinensische Frage zu lösen. Wir könnten jetzt den Palästinensern einen Staat anbieten - im Westjordanland und in Gaza. Wenn wir das tun - wird dies der erste arabische Staat - mit dem Israel ein Friedensabkommen hat. Das wird eine Brücke - zu anderen arabischen Staaten - da Palästina natürlich immer ein zentrales Thema gewesen war - und dann können wir weiterlebeben, als der demokratische, jüdische Staat, der wir immer sein wollten".

Und während er dies sagte - begann schon ein gewaltiges Siedlungsprojekt und ein ethnisches Säuberungsprogramm im Westjordanland. Hunderttausende wurden vertrieben - Gemeinden, Dörfer und Städte wurden zerstört - und neue Städte wurden gebaut - und Schnellstraßen - und Infrastruktur um Israelis im Westjordanland anzusiedeln. Genau das, was Israel nach 1948 getan hatte - nämlich palästinensische Städte und Dörfer zu zerstören, die Namen abzuändern und Städte und Dörfer für Israelis zu bauen - das gleiche wurde nach 1967 im Westjordanland getan. Für Israel bedeutete es, dass die Arbeit getan war. Was sie im Wesentlichen taten: Sie radierten Palästina von der Landkarte.

Ich zeige immer gerne dieses Bild. Das ist die Ehrenrunde. Hier sind all die Generäle - nach dem Krieg. Jung, siegreich und in der Mitte Zalmar Shazar der damalige Präsident Israels. Israel hat einen Präsidenten, der eine Art Symbolcharakter hat - jemand der zu Lebzeiten etwas Wichtiges geleistet hatte. Nan sieht die alte Generation und die neue Generation. Und die neue Generation von Generälen wird oft das "Silbertablett" genannt - auf dem das Land Israel - dem jüdischen Volk überreicht wurde. Denn von diesem Moment an war das gesamte Land Israel unter jüdischer Kontrolle. Zum ersten Mal, nach 2000 Jahren und nur 25 Jahre nach dem Holocaust.

Historisch und von der zionistischen Perspektive aus gesehen ist das unglaublich. Beispiellos. Aber de facto wurde folgendes getan: Palästina wurde ausradiert. Komplett - von der Karte - und nur noch Israel war auf der gesamten Karte zu sehen. Das war die Zielvorgabe. Das war die Devise: Palästina auszuradieren, die Menschen zu beseitigen und das Land de-arabisieren. 

Das Land zu de-arabisieren war alles was noch getan werden musste. Daher rührt die Antwort, wenn Menschen von der Möglichkeit sprechen, dass Israel irgendwie, das Westjordanland zu Gunsten eines Palästinenserstaates aufgeben könnte. Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es drollig. Es zeigt ein komplettes Missverständnis in Bezug auf die Zielvorgaben des Zionismus des jüdischen Staates - und des zionistischen Staates. 

Das Land zu erobern war die erste Zielvorgabe. Die Menschen loswerden und dann de-arabisieren - und wenn ich sage das Land de-arabisieren - dieses Land hat eine 1500 Jahre alte Geschichte arabischer und moslemischer Herrschaft. Es war ein arabisches und moslemisches Land und das mehr als alles andere, durch die Jahrhunderte. Das muss also zerstört werden. Baudenkmäler müssen zerstört werden. Namen müssen geändert werden. Die Geschichte muss umgeschrieben werden um König David wieder mit dem Israel von heute zu verbinden - und es muss völlig missachtet werden, dass es in Wirklichkeit ein arabisches Land ist, dass es sich in Wirklichkeit im Zentrum der arabischen Welt befindet und dass in Wirklichkeit über die Hälfte der Bevölkerung Araber sind.

Nachdem mein Vater aus dem Militärdienst ausschied, tat er etwas, was sogar noch verblüffender war: Er widmete den Rest seines Lebens der Schaffung eines palästinensischen Staates und dem Frieden mit den Palästinensern im Westjordanland und Gaza, und er trat für die Gleichberechtigung ein für Palästinenser, die Staatsbürger von Israel sind. Zwei Ziele, die noch immer nicht erreicht sind.

In der Mitte der Siebziger Jahre begann die palästinensische Führung die PLO Kontakt aufzunehmen, mit meinem Vater und anderen die ähnlich dachten, um einen Dialog aufzubauen. Das war der Moment, als die Vorstellung einer Zwei-Staaten-Lösung Gestalt annahm. Das waren Jassir Arafats Tob Leute, seine Berater, seine Botschafter - solche Leute. In diesem Bild sehen sie meinen Vater mit dem PLO Botschafter in Paris. Er wurde 1983 umgebracht.

Dieser Dialog wurde geführt zwischen offiziellen Vertretern der PLO und denen, die auf der israelischen Seite als Abtrünnig gesehen wurden. Es waren Leute die in der Vergangenheit hohe Posten innehatten - auf die eine oder andere Art - und sie waren zionistische Israelis. Aber die israelische Regierung weigerte sich - weigerte sich - in irgendeiner Weise daran teilzunehmen. Erst im Jahr 1993 - erst 1993 . stimmte die Regierung von Israel endlich zu, in Verhandlungen mit Palästinensern einzutreten.

Was war passiert? Was hatte sich geändert?
Nun, was sich geändert hatte: Sie hatten ihre Mission erfüllt, nämlich die Eroberung des Westjordanlandes irreversibel zu machen. 1993 war sich die israelische Regierung sicher, dass ein palästinensischer Staat im Weltjordanland nicht mehr gegründet werden konnte. Die Siedlungen dort - Milliarden waren investiert worden - das gesamte Jordantal war besiedelt worden, mit Dörfern und Kibbuzen - es gab Großstädte die bereits gebaut waren im Westjordanland. Ganz Ost-Jerusalem war von Israel übernommen worden. Es gab keinen Raum mehr für die Gründung eines Palästinenserstaates und das war der Zeitpunkt als Israel sagte: In Ordnung, wir beginnen mit Verhandlungen. Also erlaubten sie Arafat zu kommen und täuschen ihn, indem sie ihn glauben machten, dass sie wirklich Friedensabsichten hätten; ihn aber im Grunde genommen zu zwingen versuchten , ein Abkommen zu unterschreiben, dass seine Kapitulation vollendet hätte.

Aber noch einmal: Wenn Menschen noch immer die Auffassung vertreten, dass es irgendwie eine israelische Regierung geben könnte, die das Westjordanland zu Gunsten eines Palästinenser-Staates aufgibt - wie ich schon sagte: Wenn es nicht so traurig  und tragisch wäre, wäre es drollig. Denn wenn wir uns die 65-jährige Geschichte des Staates Israel ansehen wird absolut klar, dass dies niemals geschehen kann.

Später im Jahr 2000 - Sie erinnern sich bestimmt - Präsident Clinton lud Barak und Arafat nach Camp David ein, um ein Friedensabkommen auszuhandeln. Das behauptete er jedenfalls. Was sie versuchten war, Arafat erneut zur Kapitulation zu zwingen und er weigerte sich. Sie kamen aus Camp David heraus und Präsident Clinton sagte: Arafat gab etwas, Barak gab mehr. Mit anderen Worten: Es ist Arafats Schuld. Von diesem Moment an wurde er für die letzten vier Jahre seines Lebens zum Schurken erklärt und schließlich starb Arafat, während israelische Panzer sein Büro umstellten und belagerten.

Der Mythos aber, der uns immer erzählt wird lautet: Die Palästinenser sind nicht gewillt Zugeständnisse zu machen und das ist das Problem. Mitt Romney hat auch schon darauf angespielt - auf diesen kleinen Mitschnitt der heimlich aufgenommen wurde. Das Problem sind die Palästinenser. Sie wollen einfach keinen Frieden.

Jassir Arafat war bereit fast 80% seiner Heimat aufzugeben und das Recht der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückzukehren und kompensiert zu werden. Nur für den Frieden. Wozu er nicht bereit war: Er akzeptierte nicht weniger als 20%. Er verzichtete nicht auf das Westjordanland und Gaza. Das konnte er nicht tun. Sie wollten, dass er noch mehr aufgab. Sie wollten eine Kapitulationserklärung unterzeichnen und er weigerte sich.

Nicht die Palästinenser sind unfähig Zugeständnisse zu machen. Israel ist unfähig zu Zugeständnissen, denn territoriale Zugeständnisse sind nicht möglich aus der zionistischen Perspektive. Es gibt nur die Devise: das Land einzunehmen und es zu unserem zu machen. Und das ist exakt der Prozess der stattgefunden hat.

Wie schon gesagt, das Buch bewegt sich zwischen meiner eignen, persönlichen Familiengeschichte und der Geschichte des Staates Israel und zeigt wie sie mit einander in Beziehung stehen. Dies ist ein Bild meiner Nichte Samadar und am 4. September 1997 wurde sie getötet. Zwei junge Palästinenser sprengten sich selbst in die Luft - in Jerusalem - sie begingen Selbstmord und rissen einige Israelis mit in den Tod, und sie war eine davon. Sie war 13 Jahre alt. Wenn ein 13-jähriges Mädchen, das man kennt und liebt, auf diese Weise getötet wird--- weiß man nicht wirklich was tun? Man weiß nicht - was denken? Man weiß nicht - was fühlen? Man weiß nicht - wie wieder weiterleben danach? 

Sie war die Enkelin eines berühmten Generals. Also war es ein großes Pressethema. Gleichzeitig war sie die Enkelin von "Mr. Peace for Palestine". Seht nur, was sie ihm angetan haben. Seht was sie seiner Enkelin angetan haben. Mein Vater war zu diesem Zeitpunkt schon verstorben. Es ging durch die Presse, und als ich in Jerusalem im Haus meiner Schwester ankam, sah ich die Morgenzeitung. Auf der Titelseite stand: "Enkeltochter von General Peled - von Palästinensern ermordet!"

Die Wohnung meiner Schwester war brechend voll mit Trauergästen, die gekommen waren, um ihr Beileid auszudrücken, aber auch mit Reportern. Ein endloser Strom von Reportern. Nach dem Begräbnis kamen sie heraus um alle zu begrüßen. Sie sagten zwei Dinge - die mich auf einen Pfad brachten - und ich glaube es brachte auch sie auf einen Pfad, und vielen und uns half es diese unsägliche Tragödie zu begreifen.

Die ersten Fragen, die gestellt wurden, betrafen Rache und Vergeltung. Und ihre Antwort war: "Keine echte Mutter würde wollen, dass so etwas einer anderen Mutter widerfährt. Sprecht zu mir nicht von Rache. Mutterschaft ist eine vereinende Macht. Sie durchdringt Religion. Sie durchdringt alle Unterschiede, die zwischen uns bestehen mögen. Vor allem andern ist sie eine Mutter." 

Sie hat noch drei Söhne. Wundervolle Jungs. Und das zweite was sie sagte war: "Meine Regierung ist verantwortlich! Meine Regierung trieb diese beiden jungen Männer zu einem solchen Grad der Verzweiflung, dass sie sich das eigne Leben nahmen - und das Leben von anderen unschuldigen Menschen mit sich nahmen - zu denen ein dreizehnjähriges Mädchen gehört. Die brutale Unterdrückung unter der die Palästinenser leben müssen - wegen uns - ist die Ursache für das! Das ist der Grund warum dies geschieht. Wenn wir nicht wollen, dass dies geschieht  müssen wir die Unterdrückung aufheben. Solange den Palästinensern Hoffnung verweigert wird - und Freiheit verweigert wird - und Wasser verweigert wird - und ihnen ihr Land und ihr Zuhause verweigert wird - wird dies weiter geschehen. Ich zeige mit dem Finger auf meine eigene Regierung."

Und interessanterweise war Bibi Netanjahu der heute Premierminister ist auch damals Premierminister. Er war auch ein enger, persönlicher Freund meiner Schwester, weil sie zusammen zur Schule gingen. In Jerusalem. Aber das ist eine ganz eigene Nebengeschichte.

Dann kam ich zurück. Die sieben Trauertage, die wir Juden einhalten, waren vorbei, ich musste zurückkommen. Ich lebte bereits hier in Amerika und am nächsten Tag muss man zur Arbeit gehen, aber wie macht man das? Aber was meine Schwester gesagt hatte, brachte mich irgendwie auf einen Pfad und ich entschied, dass es Zeit ist etwas zu tun. Denn sie begann sich unverblümt, öffentlich zu äußern. Und ihr Ehemann Ronny ging an die Öffentlichkeit - einige von Ihnen, denke ich, wissen das. Einige von Ihnen haben Ihn hier gehört - über die Notwendigkeit der Versöhnung und die Notwendigkeit, den Palästinensern ihre Rechte und ihre Freiheit zuzugestehen.

Ich hatte das Glück in San Diego eine Gruppe von Menschen kennenzulernen. Es war eine jüdisch-palästinensische Gesprächsgruppe. Ich brauchte etwas Zeit um sie zu finden, und ich brauchte etwas Zeit, um zu verstehen was ich tun wollte. Das Interessante daran: Ich war 39 Jahre alt. ich war hier in den Vereinigten Staaten und es war das erste Mal, dass ich Palästinenser kennenlernte. Ich bin in Jerusalem aufgewachsen. Geboren und aufgewachsen in Jerusalem, einer gemischten Stadt. Das erste Mal, als ich mit Palästinensern zusammen saß - in einem normalen Sitting - als vollkommen geleichwertige Menschen - war in den Vereinigten Staaten. Denn obwohl Jerusalem sozusagen als vereint gilt, ist es komplett getrennt. Ein israelischer Junge trifft keine Palästinenser. Man sieht sie vielleicht beim Landschaftsbau oder beim Teller spülen.

Und dann begann ich all diese Geschichten zu hören, die ich vorher nie gehört hatte. Es war eine Gesprächsgruppe. Es ging also nicht darum anzuklagen oder um zu streiten. Jeder erzählte seine Geschichte. Und ich sitze mit Palästinensern, sie erzählen mir von gewaltsamer Vertreibung, und von Massakern, und von all den Dingen, die wir nicht tun. Wir Israelis tun diese Dinge nicht. Wir sind ein moralisches Volk, wir sind eine moralische Armee, wir machen Fehler, wir sind nicht perfekt, aber im Grunde genommen tun wir diese Dinge nicht.

Und mein Glück war, dass ich von einer Gruppe umgeben war - hauptsächlich Palästinenser - die mir durch diese Veränderung halfen. Es ist als ob man lernt, es ist als wenn man seine Zähne gezogen bekommt - ohne Betäubung. Es ist so schmerzhaft. Man lernt, dass alles was man weiß, nicht wahr ist. Bei meinem Hintergrund - mit meiner Familiengeschichte war das sehr schmerzhaft. Aber sie waren sehr gütig und sehr großzügig in der Weise, mit der sie mich durch all dies führten. Und ich werde dieser palästinensischen Gemeinde in San Diego immer dankbar sein dafür wie sie mich aufgefangen haben. Es brauchte einige Jahre. So wie ich heute darüber spreche scheint es leicht, aber es war sehr schwierig und es brauchte sehr viel Zeit. Und dann wurde ich aktiv.

Und dann begann ich palästinensische Gemeinden in Israel zu besuchen, und dann besuchte ich das Westjordanland und ich begann mehr und mehr über das Thema zu lernen. Und während ich ins Westjordanland fahre, sehe ich das! Wenn man in Qalandia, oder einem der anderen großen Grenzübergänge war, sieht man dieses Schild. Wie Sie sehen, sind es weiße Buchstaben auf rotem Hintergrund. Das heißt normalerweise "Gefahr!" Und natürlich ist es in Hebräisch. Was auf dem Schild steht ist, dass diese Straße zum Bereich "A" führt der unter palästinensischer Kontrolle steht. ein Übergang für Israelis in den Bereich "A" ist verboten! Es ist lebensgefährlich und es ist ein Schwerverbrechen. Und sie bemerken zwei Ausrufungszeichen!! Wenn man noch nicht verängstig ist, erfüllen diese beiden Ausrufungszeichen den Zweck. Auffallend ist auch: Solange man kein hebräisch lesen kann, ist es irrelevant. Das gilt nur, wenn man hebräisch lesen kann.

Wenn man so ein Schild sieht und nur annähernd bei Sinnen ist, dreht man um und fährt nach Hause. Welcher Mensch der bei klarem Verstand ist, sieht ein Schild auf dem "Gefahr!" steht und "Schusszone" und geht dann hinein? Mein Glück war, dass ich für so etwas keinen Sinn habe - und das ich viele Freunde habe, die für so etwas keinen Sinn haben - und wir fuhren einfach durch. Und ich fahre schon länger durch diese Grenzpunkte und lasse dieses Schild hinter mir, jedes Mal wenn ich meine Freunde auf der anderen Seite der Mauer besuche.

Das Interessante daran: Ich sehe immer das Gleiche. Vom ersten Mal an bis zum heutigen Tag - und das sind einige Jahre - jedes Mal, wenn ich diese Mauer durchquere, jedes Mal, wenn ich dieses Schild hinter mir lasse, sehe ich exakt das Gleiche: Ich sehe Verkehrstaus - ich sehe Kinder auf dem Schulweg - und das ist wahrscheinlich der häufigste Anblick in palästinensischen Gebieten - Kinder die von der Schule kommen oder in die Schule gehen . ich sehe Menschen die zur Arbeit gehen -ich sehe Geschäfte - was ich noch nie gesehen habe, sind die Palästinenser die mich umbringen möchten. Was ich noch nie gesehen habe, sind Palästinenser mit Maschinengewehren und Panzern und Kampfjets - bereit Bomben auf mich abzuwerfen, weil ich Israeli bin. Das habe ich noch nie gesehen. Und ich weiß, dass viele andere Israelis, die das auch tun, das auch noch nie gesehen haben. 

Und mit der Zeit begriff ich: Dieses Schild hat nichts mit Sicherheit zu tun. Die Mauer hat nichts mit Sicherheit zu tun. Die schwer bewaffneten israelischen Soldaten entlang der Straße haben nichts mit Sicherheit zu tun. Der Terror und die Schikanen denen palästinensische Israelis am Flughafen von Tel Aviv ausgesetzt sind der erniedrigende Prozess, den sie jedes Mal ertragen müssen, wenn sie das Land verlassen möchten - hat nichts mit Sicherheit zu tun. Es hat nur zu tun mit Rassismus, mit Hass und mit dem tief sitzenden Verlangen uns voneinander getrennt zu halten - mich privilegiert zu halten und sie rechtlos. Das ist die Devise. Nur darum geht es. Und das ist der Zweck des Schildes.

Können Sie das lesen? Kann das jemand für mich lesen?
"Die UN Resolution 3013 aus dem Jahr 1973 erklärt: Die Kämpfe von Völkern, die unter kolonialer Herrschaft oder Fremdherrschaft von rassistischen Regimes stehen und die dazu dienen ihr Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zu implementieren, sind legitim und in vollem Einklang mit den Prinzipien des Völkerrechts."

Legitim und in vollem Einklang mit den Prinzipien des Völkerrechts. Dies beschreibt den Kampf der Palästinenser. Denn das beschreibt genau was Israel ist. Auf dem Bild stehe ich neben meinem Freund Jamal, der im israelischen Gefängnis saß - viele lange Jahre. Er war zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, aber er kam frei bei einem Gefangenenaustausch zwischen Israel und der PLO. Er war lebenslang verurteilt worden, weil er einen israelischen Soldaten getötet hatte. Er und drei andere sahen zwei israelische Soldaten, die eine Bank in Ramallah bewachten. Soldaten sind normalerweise komplett bewaffnet - natürlich - und sie näherten sich ihnen und erstachen sie mit einem Messer. Dafür wurden sie später geschlagen, gefoltert und verhaftet und sie bekamen lebenslange Haftstrafen. Aber wenn ich das Bild von uns ansehe, wie wir nebeneinander stehen, frage ich mich: Wer von uns beiden ist wirklich der Terrorist? Denn gemäß dem hier - ist er es keinesfalls. Ich hingegen habe in der israelischen Armee gedient. Einer Besatzungsarmee. Eine Armee der Unterdrückung. Einer Armee, deren einziger Zweck darin besteht, dafür zu sorgen, dass er keinen Staat hat, dass er keine Rechte hat und dass er nicht wagt sich zu wehren. Ja, meine Armee hat Uniformen und Kommandeure und Generäle - aber wer von uns ist wirklich der Terrorist? 

Und letztendlich - und so endet auch das Buch - Was tun? Wie teilen sich zwei Nationen einen Staat? Wie teilen sie sich ein Land? Es gibt viele Beispiele. Sehen Sie sich die Schweiz an! Sehen Sie sich Belgien an. Das sind multinationale Staaten. Die Schweizer sind Schweizer und die Belgier sind Belgier, unabhängig von der Nationalität der sie darüber hinaus angehören. Es gibt also reichlich Beispiele von Staaten, in denen Menschen unterschiedlichen Nationen leben.

Auf die Frage zurückkommend: Ist die Einstaatenlösung die richtige? Ist die Zweistaatenlösung die richtige? Ist die Dreistaatenlösung die richtige?
Jemand sprach mich auf eine Konföderation an. Die Realität ist, dass Israel einen einzigen Staat geschaffen hat. Die Grenzen verlaufen aus israelischer Perspektive sehr klar. Die Grenzen des Staates Israel sind der Jordan im Osten und das Mittelmeer im Westen. Das war's! Wenn man sich die israelischen Schulbücher ansieht, wenn man sich die Wetterkarten ansieht, wenn man sich irgendeine offizielle Karte des Staates Israels ansieht, ist es absolut klar. Es gibt bei niemanden eine Frage darüber wo die Grenzen des Staates Israel verlaufen. So sieht es aus! Also ist die Vorstellung, dass es eine israelische Regierung geben könnte, die irgendetwas davon aufgibt, absolut absurd. 

Und Israel regiert diesen Staat sehr geschickt mit drei verschiedenen Gesetzgebungen. Es gibt Gesetze, die Menschen wie mich regieren, also israelische Juden, die kommen und gehen können, wann es ihnen gefällt und sagen können, was ihnen gefällt. Größtenteils ein demokratischer Staat - im Großen und Ganzen. Andere Gesetze regieren die Palästinenser, die israelische Staatsbürger sind und es gibt über 30 Gesetze, ie sie spezifisch diskriminieren, und es gibt eine ganze Kultur der Diskriminierung gegen sie. Das ist tief verankert und tief verwurzelt in der israelischen Gesellschaft.

Wieder andere Gesetze regieren die Palästinenser im Westjordanland und in Gaza und diese Menschen sind der Willkür der israelischen Armee ausgeliefert. Wenn sie zerstören möchte, zerstört sie. Wenn sie verhaften und schlagen möchte, verhaftet und schlägt sie. Wenn sie foltern möchte, foltert sie. Wenn sie töten möchte, tötet sie und die Palästinenser haben keine Wahl. Das ist die Realität.

Es gibt ein zionistisches Bildungssystem (Judit hat erwähnt, dass meine Schwester ein Buch darüber geschrieben hat - sie ist Pädagogin) das Rassismus lehrt. Auf eine sehr subtile Weise. Es gibt eine komplette Bürokratie, die sich dem Zeck widmet, das Leben für Palästinenser unmöglich zu machen, durch Auflagen und Lizenzen und Bedingungen die absolut unangebracht und unnötig sind - die aber unter dem Vorwand der Sicherheit erlassen wurden. Und dann gibt es die israelische Armee - ich nenne sie eine der am besten ausgebildeten, am besten ausgestattete, am besten genährte, terroristische Organisation der Welt. Und ja, sie hat Generäle und sie hat gute Uniformen, aber ihr gesamter Zweck ist der Terrorismus.

Und nur ein Beispiel: Vor fast genau vier Jahren, als Israel seinen Angriff auf Gaza begann - am 27. September 2008, morgens um 11:25 Uhr. Diesen Tag nenne ich den beschämendsten Tag der jüdischen Geschichte - den beschämendsten Tag in der Geschichte des jüdischen Volkes. Israel begann ein Flächenbombardement auf Gaza, und am ersten Tag - eines 21-tägigen Angriffs - waren sie 100 Tonnen an Bomben ab. Eine Bombe von einer Tonne zerstört einen ganzen Häuserblock. Gaza ist der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt. 800 000 Kinder leben in Gaza. 11:25 Uhr ist genau die Zeit, in der sich die Morgen-Schulschicht und die Nachmittags-Schulschicht begegnen. Das bedeutet, dass alle Kinder auf den Straßen sind. Alle Kinder sind auf den Straßen. Das war der Moment den die Entscheidungsträger in Israel ausgesucht hatten, um den Angriff zu beginnen. Das war der erste Tag eines 21-tägigen Gemetzels für das es absolut keine Rechtfertigung gab. Wenn das kein Terrorismus ist, was dann?

Und so schafft es der Staat Israel seine unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu kontrollieren und gleichzeitig irgendwie sein sehr liebenswertes und liberales Gesicht beizubehalten - in Bezug auf alles.

Aber wir müssen noch immer herausfinden, wie wir von diesem Punkt aus weitermachen. Sehen wir uns Südafrika an. Dort wurde die Apartheit abgeschafft. Das ist das Beispiel. Was wurde in Amerika gemacht? Dort wurden die Rassengesetze abgeschafft, die im Süden existierten. Gefiehl das den Weißen in Südafrika? Auf keinen Fall! Wollten es die Weißen in den Südstaaten hier in den Vereinigten Staaten? Hat es ihnen gefallen? Nein! 

Es wurde nicht durch einen Konsens erreicht. Aber der Zionismus muss, genau wie die Rassengesetze, verschwinden. Der zionistische Staat muss durch eine Demokratie ersetzt werden. Gleiche Rechte. Wir haben etwa fünfeinhalb Millionen Palästinenser und etwa sechseinhalb Millionen Israelis. Es gibt absolut keinen Grund auf der Welt, warum sie nicht gleichwertig nebeneinander leben können.

Wenn jüdische Mitmenschen, besonders zionistische Unterstützer von Israel das hören, dann sagen sie oft: Siehst du, du sprichst von Genozid. Du sprichst von einem neuen Holocaust. Das ist nur eine Ausrede. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass dies... dass Machtübertragung gewaltsam sein muss. Bösartige Diktaturen und bösartige Regimes können durch Demokratien ersetzt werden - gewaltfrei. Es ist früher geschehen und es gibt keinen Grund weswegen es nicht wieder geschehen kann.

Ich habe erst heute wieder gehört von den enormen Unterschieden zwischen Israelis und Palästinensern. Kulturelle Unterschiede. Die kulturelle Überlegenheit der Israelis. So einen Unsinn habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört.

Diese beiden Gesellschaften könnten sich nicht ähnlicher sein. Die Sprachen sind ähnlich. Die Religionen sind ähnlich. Mehr als die Hälfte der Israelis sind Nachkommen von Menschen die aus dem Nahen Osten kamen. Sie sind Nachkommen arabischer Juden, die aus dem Irak kamen, die aus Nordafrika kamen, aus dem Jemen. Die arabische Kultur ist Teil dessen, was sie sind. Als Bagdad bombardiert wurde gab es alte arabische Juden aus Bagdad, die in Israel weinten, weil ihre Stadt bombardiert wurde. Es gibt keine Unterschiede.

Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Bevölkerungsgruppen einen gemeinsamen Nenner finden und gemeinsame Ziele finden, die schwerer wiegen als alle Unterschiede die zwischen ihnen bestehen ist viel größer als alles andere. Dann können junge Palästinenser und junge Israelis gemeinsam aufwachsen und eine Zukunft haben und in einer echten Demokratie leben und großartige Dinge tun, denn dies ist ein wundervolles Land. Und es gibt eine menge Mögllichkeiten. Die Devise musss also lauten: Demokratie und Gleichberechtigung. Und nichts anderes.

Einen großen Danke an Sie alle.

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Die erste Frage: Ist der Kauf von Land langfristig gültig und werden rechtsstaatliche Normen eingehalten? (Ich gehe davon aus, dass sich das auf die Palästinenser bezieht.)
Und dann: Nutzt Israel das Recht auf Eigentum, oder wird das Land enteignet ohne den Rechtsweg einzuhalten? 
Wie stark ist die Opposition in Israel gegen das, was wie ein drohender Angriff auf den Iran aussieht? 
Das sind drei Fragen, ok? Stellen Sie noch eine. Noch eine ok?
Meint Bibi es wirklich ernst mit einem Angriff auf den Iran, oder ist es nur ein Nebenschauplatz, um eine Beschäftigung mit den Iranern zu vermeiden?

Ich bin Kein Rechtsexperte, also weiß ich nichts über Enteignung, den Verkauf von Land und all das. Was ich sagen kann - ich weiß nicht, ob es die Frage beantwortet - aber in Israel ist das Land Eigentum des Staates. Im Kern gibt es kein privates Land. Wenn man vom Staat Land kauft, wird es vom Staat gepachtet. Alle 49 Jahre muss der Pachtvertrag erneuert werden, entweder über 49 oder über 99 Jahre. So wird das gehandhabt. 
Nach 1948 wurde ein Gesetz verabschiedet, nach dem verlassene Anwesen - also verlassene Grundstücke sind das Eigentum der Menschen, die vertrieben wurden - und nachdem sie abwesend sind, gelten die Anwesen als verlassen - und dieses Gesetz ermöglichte es dem Staat dieses Land zu übernehmen.
Dann wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet, dass palästinensischen Vertriebenen verbot, wieder zurückzukehren und Ansprüche auf ihr Land geltend zu machen. So wird das gehandhabt. Ich weiß nicht ob es die Frage beantwortet. Ich bin, wie gesagt, kein Rechtswissenschaftler.

Gibt es eine Opposition in Bezug auf einen Angriff, und meint Bibi es ernst mit einem Angriff?
Das ganze Thema mit dem Iran ist - jedenfalls meiner Meinung nach - ein Vorwand. Es wurde geschaffen - sehr geschickt - und es wird sehr geschickt genutzt - von Netanjahu und seiner Regierung - um die Aufmerksamkeit von Palästina auf eine andere, fiktive Bedrohung zu lenken. In der UN-Vollversammlung spricht kein Mensch über Palästina. Es geht immer nur um den Iran - um die Bedrohung durch den Iran - Iran angreifen - Iran bombardieren - Iran nicht bombardieren. Tausende von politischen Gefangenen sitzen völkerrechtswidrig in israelischen Gefängnissen. Kinder aus Palästina bekommen weniger Wasser als israelische Kinder. Palästinenser werden aus ihrer Heimat vertrieben und ihr Land wird genommen und ihre Städte werden zerstört - und das Tag für Tag. Auf Menschen wird geschossen und sie werden getötet - bei friedlichen Protesten im Westjordanland. In jeder Woche des Jahres. Wie kann man über so einen Nonsens sprechen, angesichts der nuklearen Bedrohung, die der Iran darstellt?

Dieses Thema wird manipuliert. Ich glaube nicht, dass er es ernst meint. Ich denke, es wäre politisch schwachsinnig diese wundervolle Karte auszuspielen. Solange er über die Bedrohung durch den Iran sprechen kann, werden die Menschen nicht über Palästina sprechen. Was bringt es ihm, den Iran anzugreifen? Was hat er davon? Politisch hat er keinen Vorteil davon, er hat keinen militärischen Vorteil davon, weil es keine Bedrohung gibt und dann hätte er ein Problem. Deshalb hängt er an diesem Thema - schon seit einigen Jahren - und ich glaube nicht, dass er es aufgeben wird. Ich glaube nicht, dass er es ernst meint. Das soll nicht heißen, es ist unmöglich, dass etwas geschehen könnte - aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er das tun würde.

Die Menschen in Israel sind im Grunde verängstigt. Was wissen die Menschen? Die Menschen wissen das, was sie lesen - in der Zeitung. Jeden Tag gibt es Schlagzeilen in denen etwas über den Iran gesagt wird. Der Verteidigungsminister sagte erst vor wenigen Wochen etwas. Der Verteidigungsminister ändert ständig seine Meinung. Ständig unterstützt er es, dann ist er wieder dagegen. Vor einigen Wochen gab es eine Schlagzeile, die ihn mit den Worten zitierte: "Die Klinge die JETZT auf unserem Nacken ruht ist noch schärfer und gefährlicher als die Bedrohung von 1967! Meine erste Reaktion war: Er sollte mein Buch lesen!

Jeder der über genügend Sachkenntnis verfügt, weiß, dass es 1967 keine Bedrohung gab. Es geht aber darum diese Spannung von 1967 wieder aufzubauen, als die Menschen wirklich Angst hatten. Die Israelis hatten 1967 Todesangst. Die Generäle ließen nicht durchsickern, dass es ein sehr einfacher Krieg sein würde. Die Menschen befürchteten tatsächlich einen weiteren Holocaust. Sie erschaffen wieder diese Angst, damit sie weiterhin über diese Bedrohung sprechen können. Ich glaube nicht, dass es sich um eine echte Bedrohung handelt und ich glaube nicht, dass Bibi angreift, weil er eine so gute, politische Karte nie aus der Hand geben würde.

Frage: Glauben Sie, dass eine Ein-Staaten-lösung funktioniert, angesichts der Tatsache, dass 60 - 70% der israelischen Juden, der israelischen Araber und der Palästinenser eine Eins-Staaten-Lösung nicht befürworten? Wie soll das geschehen? Das ist eine Frage, ok? Und die zweite ist ähnlich, also überspringe ich sie. 
Wo hat dieser Landraub - und das ist eine große - und diese rassistische, zionistische Philosophie ihren Ursprung? Und wo hat das Phänomen der Selbstmordattentäter seinen Ursprung? Und... Moment lassen Sie mich das aufschreiben. ...Und wie konnten Sie ihr ganzes Leben in Israel leben, beim Militär dienen und nicht mitbekommen was Sie jetzt erkennen? O - Einfach.

Ich weiß nicht, ob es eine so große Zahl von Palästinensern gibt, die keine Ein-Staaten-Lösung wollen. Ich habe mit vielen Palästinensern gesprochen und habe keine Statistik gemacht - aber vielen der Palästinenser mit denen ich gesprochen habe, sehen darin kein Problem. Ich glaube überhaupt nicht, dass es eine große Opposition auf der Seite der Palästinenser gibt. Es wird natürlich eine Opposition auf der Seite der Israelis geben - denn wenn man privilegiert ist, möchte man die Privilegien nicht aufgeben.

Wir Israelis sind privilegiert in dieser Gesellschaft. Diese Privilegien, die uns vom Staat anerkannt werden, sind Teil des Bestrebens, uns von den Palästinensern abzusondern. Wenn ich das Gesetz breche - in Hebron - und ein Palästinenser das identische Gesetz am identischen Ort bricht, dann werden die Gesetze die den Staat Israel regieren - die regulären, herkömmlich Gesetzen entsprechen - auf mich angewandt. Wenn ich an Protesten im Westjordanland teilnehme, und verhaftet werde, weiß jeder wie es enden wird. Am Ende des Tages gehe ich nach Hause. Möglicherweise werde ich etwas grober behandelt, aber am Ende des Tages bin ich Zuhause. Weil ich ein israelischer Jude bin.

Der palästinensische Jude, der verhaftet wird, wird geschlagen werden, wird gefoltert, wird so lange im Gefängnis behalten, wie ihn der lokale Kommandant im Gefängnis haben möchte. Es kann ein Tag sein, eine Woche, einen Monat, es kann ein Jahr sein. Ohne Anklage, ohne Verhandlung.

Sechs Wochen später bekomme ich einen Brief der Polizei, in dem steht, dass das Verfahren aus Formalitäten eingestellt wurde.

Israelis werden diese Privilegien nicht aufgeben wollen, aber ich glaube, dass die Weißen in Südafrika ihre Privilegien auch nicht aufgeben wollten; und Weiße in den Vereinigten Staaten wollten ihre Privilegien auch nicht aufgeben, aber sie werden es müssen. 

Solche Dinge werden nicht auf Grund eines Konsenses entschieden. Darum gibt es BDS, darum gibt es einen gewaltfreien Widerstand, darum gibt es Veranstaltungen wie diese. Darum lösen sich immer mehr amerikanische Juden vom Zionismus und darum organisieren und kommen sie zu Veranstaltungen wie diesen. Ob es ihnen gefällt oder nicht, das ist die Transformation die stattfindet.

Ich sprach vor einer Klasse der 8. Jahrgangsstufe. Ein Freund von mir ist Lehrer an einer guten Schule in der Kinder wirklich Dinge lernen. Es ist die 8. Klasse und die Kinder lernten seit einigen Wochen über dieses Thema und ich wurde gebeten, darüber zu sprechen. Sie machten eine Umfrage eine sich selbst und die Frage war: Wie viele von ihnen glaubten, dass es in ihrer Lebensspanne eine Lösung dieses Problems geben wird. Eine friedliche Lösung zu ihrer Lebenszeit. Das war eine 8. Klasse, sie waren 13 Jahre alt. 80% sagten Nein.

Als ich dorthin kam, um zu sprechen, sagte ich: Lasst uns mal sehen ob ich euch umstimmen kann. Es ist alles eine Frage dessen, was du weißt.
Ich zeigte ihnen die Ähnlichkeiten der Kulturen auf und all die Möglichkeiten die existieren, wann der Staat Israel in eine Demokratie verwandelt wird. 

Wenn ich nicht daran glauben würde, dass es in meiner Lebensspanne möglich wäre, würde ich das hier nicht tun. Wenn ich nicht absolut davon überzeugt wäre, dass es wirklich geschehen wird, würde ich es nicht tun.

Den Israelis wird es nicht gefallen, aber es braucht ihnen nicht zu gefallen. So sind diese Dinge eben. Die Palästinenser vermitteln mir den Eindruck - und ich bin oft dort - dass sie es befürworten.

Ok, hier sind noch zwei Fragen. Die eine ist: Wo hat die zionistische Philosophie ihren Ursprung?
Am Beginn des letzten Jahrhunderts gab es diesen Nationalismus und all die keinen Gruppen entschieden sich dazu, Nationen zu werden. Meine Großeltern waren ein Teil davon. Sie waren Juden, sie waren aus Osteuropa, sie litten unter den Pogromen und sie litten unter allen möglichen Formen der Diskriminierung und des Rassismus gegen Juden und den Antisemitismus. Und sie dachten: Hey vielleicht ist das eine gute Idee. Als der Zionismus begann, gab es eine ganze Palette unterschiedlicher Formen des Zionismus. Es gab Zionisten die an Demokratie glaubten, dass Juden mit Araber zusammen leben sollten. Sie hätten sich nicht in ihren schlimmsten Träumen vorstellen können, dass sie jemals Menschen aus ihrer Heimat vertreiben. Und dann gab es andere Zionisten die später der Mainstream werden sollten - angeführt von Leuten wie Ben-Gurion, dem ersten Premierminister von Israel. Sie waren radikal, rassistisch und gewalttätig. Und sie haben gewonnen. Sie haben den Ton angegeben. Und darum ist der Zionismus das was er heute ist; Rassistisch, gewalttätig, militant und kompromisslos. Aber dieser Ton wurde angeben von Ben-Gurion und den Leuten um ihn herum. Da hat das also seinen Ursprung.

Und wo haben Selbstmordattentäter ihren Ursprung?
Mir ist nicht bekannt, dass Selbstmordattentate eine Philosophie sind. Es gibt fünfeinhalb Millionen Palästinenser, die in Palästina leben. Es gibt noch weitere fünf Millionen außerhalb von Palästina. Das sind zehn Millionen Menschen. Es gab weniger als 200 Selbstmordattentate. Es ist also nicht so, als ob es einen abenteuerlichen Selbstmordattentats-Wahnsinn unter Palästinensern geben würde. 

Lassen Sie uns die Dinge ins richtige Größenverhältnis bringen. Ich weiß von keiner Philosophie dahinter. Ich glaube, wenn Menschen verzweifelt genug und hoffnungslos genug sind - sie sehen wie ihre Väter geschlagen und gefoltert werden - sie sehen wie ihre Schwestern angeschossen und verhaftet werden - sie sehen wie ihr Zuhause zerstört wird - sie haben keine Möglichkeit irgendwohin zu gehen oder Essen zu kaufen - oder ihre Familie und Geschwister mit Wasser zu versorgen - und sie sehen diese gewaltige Armee, die sie unerbittlich unterdrückt und verprügelt. Wo keine Hoffnung ist, ist keine Hoffnung. So tun wir das, was wir können.

Wenn wir uns aber ansehen, wie viele Menschen das wirklich getan haben - und ich kenne keinen einzigen Palästinenser - die glauben, das wäre etwas Gutes - oder es unterstützen. Darum glaube ich, dass es nötig ist, diese Selbstmordattentate in der richtigen Proportion zu sehen.

Ok, ich habe vier Karten hier, die alle irgendwie zusammenhängen. Insofern sind es wirklich drei Fragen. Es sind ernste Themen: Sagen Sie, dass sich nichts verändern wird, es sei denn, es ändert sich etwas an der amerikanischen Politik und der öffentlichen Meinung hier? Was können wir in den US-Gemeinden tun, um eine demokratische Ein-Staaten-Lösung in Israel zu unterstützen?
Moment, Moment... Sie müssen noch schreiben?
Also, nichts ändert sich, es sei denn, etwas ändert sich in den Vereinigten Staaten - was können wir tun?
Was können wir hier in unseren Gemeinden tun?...(Zwischenruf aus dem Publikum)...Sie wollten, dass ich sie lese...ich habe es versucht.
Was können wir AIPAC und anderen jüdischen Organisationen, die Einfluss auf die Politik in den Vereinigten Staaten haben, entgegensetzen? 
Wie überzeugen wir Amerikaner davon - ich gehe davon aus, dass damit diejenigen gemeint sind, die sich gegen die Politik Israels aussprechen - gegen die Falschanschuldigung anzukämpfen, sie wären Antisemiten?
Wo erkennen Sie geheime Absprachen zwischen der USA mit dem gegenwärtigen zionistischen Projekt?
Wer hat historisch wirklich das Sagen? Also - die zionistische Bewegung oder die Rachsucht der amerikanischen Regierung? Diese Fragen hängen alle zusammen.

Ok, wow, das sich eine Menge Fragen.
Nichts wird sich verändern, bevor sich nicht eine Menge Dinge verändern. Näher? Ok.
Nichts wird sich verändern, bevor sich nicht eine Menge Dinge verändern. Die Dinge hier in diesem Land müssen sich sicherlich ändern und sie verändern sich in diesem Land. Ich werde weitere Vorträge halten und bin bis nach Thanksgiving ausgebucht. Fast täglich. Mehr als die Hälfte der Veranstaltungen auf denen ich eingeladen bin, werden von amerikanischen Juden organisiert.

Ich sehe einen großen Wandel bei der jüdischen Bevölkerung in Amerika. Es gibt nicht mehr diese blinde Bewunderung für AIPAC, und für Israel und den Zionismus. Juden sehen sich den Zustand Israels an und sagen, dass es nicht das ist, was uns repräsentiert - dass es nicht das ist, für was wir stehen. Tausende politischer Gefangener, Folter, Diskriminierung - das ist nicht das, wofür amerikanischen Juden stehen. Darum gibt es immer mehr amerikanischer Juden, die sich vom Zionismus distanzieren. Und ich denke, das ist gut so. Das verändert sich bereits.

Ich glaube auch, dass einige der Vereinten Methodisten - die Presbyterianischen Kirchen sehr viel Arbeit bei diesem Thema leisten. Sie gehen mit großen Schritten voran und bewirken große Veränderungen. Und ich denke, je mehr Amerikaner erleben, dass jüdische Mitbürger Israel kritisieren, desto mehr werden sich nicht-jüdische Mitbürger damit anfreunden.

Diese Antisemitismus-Sache - nach der werde ich ständig gefragt - und mir wird gesagt: "Du kannst so sprechen, denn Du bist Du, aber wenn wir so etwas sagen, werden wir Antisemiten genannt." 
Meine Antwort ist: "Gut!" Und sie nennen mich einen "sich selbst hassenden Juden." Ich habe erst gerade wieder etwas bekommen in dem ich ein "Jude mit Selbsthass" genannt werde - oder dass ich Juden hasse - oder so etwas.
Gut, ich höre das. Aber nun lass uns über etwas anderes sprechen. Kannst Du mir erklären, warum Kinder aus Palästina kein Wasser bekommen? Kannst Du mir erklären, wie man es rechtfertigen kann, 100 Tonnen Bomben auf Kinder abzuwerfen? Kannst Du mir die Vertreibung von Menschen aus ihrer Heimat erklären, die sie zu Obdachlosen macht? Kannst Du mir erklären, warum Kinder um 2 Uhr morgens aus dem Schlaf gerissen werden, um dann ins Gefängnis geworfen und gefoltert zu werden? Kannst Du mir das alles erklären? Möglicherweise bin ich antisemitisch. Aber nun erkläre mir das alles. Und zu was macht das Dich? Darum muss es gehen in diesem Gespräch.

Menschen als Antisemitisch zu bezeichnen ist eine sehr schwache Waffe. Es ist ein sehr schwaches Werkzeug. Es ist alles was sie haben. Bei genauem Hinsehen ist es völlig bedeutungslos. Denn diese Menschen haben keine Antwort auf all die anderen Fragen, die thematisiert werden müssen. Sie (diese Menschen) sind diejenigen, die sich erklären müssen. Nicht ihr. Nicht wir.

Hast Du keine Erklärung? Das sind legitime Fragen. Du hast es unterstützt. Du hast getanzt, Du hast gefeiert, als Israel Hunderte von Tonnen an Bomben auf 800.000 Kinder abgeworfen hat, die in Gaza eingesperrt waren und nirgendwohin fliehen konnten. Du hast das unterstützt. 

Ich bin ein Antisemit? Zu was macht das Dich? Du unterstützt ein Land, das Kindern vorsätzlich den Zugang zu Wasser verwehrt - abgesehen von Essen und Medizin und Bildung und einem Zuhause und Freiheit. Du unterstützt das! Wie kannst Du das unterstützen? Darüber muss gesprochen werden.

Ich behaupte nicht, dass es einfach ist. Aber ich behaupte, dass dies der Weg ist, sich AIPAC entgegenzustellen. Und das ist es, was ihr hier in den USA tun könnt. Denn hier - die besten Gesprächsansätze, die besten Entschuldigungen - und hier das Beste was AIPAC dazu einfällt: Sie sagen Israel zu transformieren wäre antisemitisch und würde einen Genozid heraufbeschwören.

Wer sagt etwas von Genozid? Ich habe noch von niemand gehört der einen Genozid vorgeschlagen hat. Von all den Menschen, die ich gehört habe - und ich habe eine Menge Menschen gehört, die von einer Transformation sprechen, die davon sprechen, Israel von einem zionistischen in einen demokratischen Staat zu verwandeln - viele Menschen sprechen davon. Keiner von ihnen - nicht ein einziger - unterstützt eine gewalttätige Transformation. Nicht einer unterstützt Gewalt. Gewalt ist nicht nötig. So bekämpft ihr AIPAC, so könnt ihr euch AIPAC entgegenstellen. Und so überzeugt ihr Amerikaner davon, keine Angst zu haben.

Wie gesagt, ich behaupte nicht, dass es leicht ist. Wenn jemand mit dieser Antisemitismus-Sache antwortet, dann schalten die meisten Menschen auf Rückzug und haben Angst. Und ich kann das verstehen. Es ist sehr verletzend. Gleichzeitig geht es hier um ein Thema, das größer ist. Es verletzt vielleicht unser Gefühl - für fünf Sekunden - aber dann lasst uns die Unterhaltung weiterführen. Das ist es, was geschehen muss und so überwindet ihr diesen AIPAC-Nonsens.

Diese Kollision mit dem Zionismus ist unumgänglich. War es Kollision oder "collusion?" Collusion(= heimliche Absprachen) Ach - "collusion" - tut mir leid. Ich glaube das geht vorbei. Das ist vorübergehend. Ich glaube Politiker in Amerika tun das, was sie tun müssen, um gewählt zu werden. Pro-Zionistisch zu sein, ist Teil dessen, was in Amerika nötig ist, wenn man eine politische Karriere machen möchte. Sei es um Präsident zu werden, oder Mitglied im Gemeinderat von Coronada - wo ich wohne - dabei ist das nicht mal ein Teilzeitjob. Das ist das A und O. Das ist der Preis, um im Geschäft zu sein.

Ich glaube, der Präsident sorgt sich mehr um das Gesundheitswesen als um Israel. Also gibt er Israel Geld, damit sie die Klappe halten, und er seine Gesundheitsreform verabschieden kann. So funktioniert es. Das ist Politik in Amerika. Darum bringt die zweite Amtszeit von Präsident Obama auch keine Veränderung. Es kümmert ihn nicht. Und warum sollte es? Er hat dadurch nichts zu gewinnen.

Es muss von Unten kommen. Erst wenn eine Menge geschieht - ich habe das erst heute gesagt - es ist wie Vietnam. Als die amerikanischen Bürger entschieden hatten, dass das Maß voll ist, sagte der Kongress, dass das Maß voll ist, und dann sagt er Präsident, dass das Maß voll ist. Das war's dann. Und dann zogen die Amerikaner aus Vietnam ab. Es brauchte diese Art von Bewegung. Und es ist wahr im Moment gibt Israel bei diesem Thema den Ton an. Wenn Israel sagt: "Spring!", dann fragen die amerikanischen Politiker: "Wie hoch?" Und dann wenden sie sich dem nächsten Thema zu. Aber das ist der Preis, den man in Amerika zahlt, um Politiker zu sein.

War's das?

Ich habe noch eine Frage: Wie wurde Ihr Buch in Israel angenommen? 

Es wurde in Israel nicht angenommen. Ich glaube nicht, dass es irgendjemand in Israel gelesen hat. Ich habe einige Vorträge gehalten und es gab einige Buchvorbestellungen, aber die waren alle auf der anderen Seite. Eine war in Ost-Jerusalem, eine war in Ramallah. Israel ignoriert es. Komplett. Das mag sich ändern, ich weiß es nicht. aber ich hatte noch keine Rückmeldung, weder gut noch schlecht von irgendjemand in Israel, was das Buch betrifft. Das war's!

Das war es wirklich, was Fragen angeht, aber nicht was die Buchsignierung angeht.