Freitag, 19. Februar 2010

Danke, Herr Westerwelle!

(Ein Gastbeitrag von Frank Benedikt)


Danke, dass es Sie gibt! Der mediale Donnerhall, der Ihre imposante Erscheinung umgibt, verdeckt erfolgreich die Tatsache, dass der Karren zunehmend im Dreck steckt. Krieg nach außen, wachsende Armut im Inneren, über allen Wipfeln die Wirtschaftskrise, doch Sie, der wirtschaftsliberale Innenminister des Äußeren, haben die Wurzel allen Übels schon ausgemacht – es ist der gemeine Hartz-IV-Empfänger.

Nach Ihrer beachtlichen Leistung neulich, Afghanistan im Alleingang den Krieg zu erklären, die aber leider nicht genügend Aufmerksamkeit beim Volke fand, haben Sie jetzt aber wohl den richtigen Ansatz gefunden, unsere Verantwortlichkeit zu vernebeln. Nicht wir geplagten Unternehmer, die Tag und Nacht schuften, ihre Knochen hinhalten, ihr Kapital riskieren und dann auch noch von proto-sozialistischen Steuereintreibern hart bedrängt werden – nicht wir sind die Schuldigen an Krieg, Armut und Krise, sondern die Bürger in ihrem Anspruchsdenken sind es, und hier gerade besonders diese sogenannten AlmosenHartz-IV-Empfänger.

Ja wissen diese Menschen denn nicht, dass sie ohne uns völlig aufgeschmissen wären? Wir nähren sie, wir kleiden sie, wir behausen sie. Wie wollten sie ohne uns zurecht kommen? Solange sie für uns anständig arbeiten, wird für sie gesorgt und für diejenigen, die nicht mehr mithalten können, führen wir diverse Charity-Programme und Spendengalas durch. Da ist doch dann überzogenes Anspruchsdenken völlig fehl am Platze, nicht wahr, lieber Herr Minister?

Warum versuchen diese undankbaren Kreaturenunglücklichen Existenzen uns, den wahren Leistungsträgern der Gesellschaft,  für ihr Elend die Schuld zuzuweisen und uns unziemlich an die Börse zu wollen? Warum beißen sie die Hand, die sie bisher gefüttert hat und ihnen auch wieder Brot geben wird, wenn sie sich denn nur erneut in den Arbeitsprozess eingliedern wollen? Warum, Herr Minister, warum?

Sind wir etwa schuld an der sogenannten “Neuen Armut”, am “Prekariat” oder was? Ist es unsere Schuld, dass wir dank des internationalen Wettbewerbs Löhne und Gehälter senken müssen, um als Exportnation noch bestehen zu können? Unser Versagen, dass in diesem Land mittlerweile jeder siebte Bürger an oder unter der Armutsgrenze lebt? Die DIW-Studie ist doch irrelevant  – 11,5 Millionen von rund 80, das fällt doch gar nicht so sehr ins Gewicht, denn damit geht es beinahe 70 Millionen Bürgern doch gut! Was wären das wohl für traumhafte Zustimmungsergebnisse bei Wahlen … ?

Und “verzockt” haben wir uns auch nicht! Was für eine “Krise”, wo? Nur weil ein Herr Leuschel bei Börse Online und FTD mal wieder schrecklich schwarz malt? Dieser Untergangsprophet? “Hyperinflation” und “Unruhen”? Das kann man doch nicht ernstnehmen und unsere Bilanzen sind so solide wie eine Schweizer Bank! Nein, lieber Kollege (und Sie gestatten hoffentlich diese vertrauliche Anrede) – wir sind nicht schuld und Ihnen dankbar, dass Sie die wahren Verhältnisse mal wieder klarzustellen versuchen.

Mit den besten Grüßen
Ihre deutsche Wirtschaft

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen