Schlaf ein, mein Kind! Schlaf ein, mein Kind!
Man hält uns für Verwandte,
doch ob wir es auch wirklich sind?
Ich weiß es nicht. Schlaf ein, mein Kind!
Mama ist bei der Tante ...
Schlaf ein, mein Kind! Sei still! Schlaf ein!
Man kann nichts Klügres machen.
Ich bin so groß. Du bist so klein.
Wer schlafen kann, darf glücklich sein.
Wer schlafen darf, kann lachen.
Nachts liegt man neben einer Frau,
die sagt: Laß mich in Ruhe.
Sie liebt mich nicht. Sie ist so schlau.
Sie hext mir meine Haare grau.
Wer weiß, was ich noch tue.
Schlaf ein, mein Kind! Mein Kindchen, schlaf!
Du hast nichts zu versäumen.
Man träumt vielleicht, man wär ein Graf.
Man träumt vielleicht, die Frau wär brav.
Es ist so schön, zu träumen ...
Man schuftet, liebt und lebt und frißt
und kann sich nicht erklären,
wozu das alles nötig, ist!
Sie sagt, daß du mir ähnlich bist.
Mag sich zum Teufel scheren!
Der hat es gut, den man nicht weckt.
Wer tot ist, schläft am längsten.
Wer weiß, wo deine Mutter steckt!Sei ruhig.
Hab ich dich erschreckt?
Ich wollte dich nicht ängsten.
Vergiß den Mond! Schlaf ein, mein Kind!
Und laß die Sterne scheinen.
Vergiß auch mich! Vergiß den Wind!
Nun gute Nacht! Schlaf ein, mein Kind!
Und, bitte, laß das Weinen...
Erich Kästner
Mittwoch, 27. Januar 2010
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