Mittwoch, 31. Oktober 2012

Nur ein ganz gewöhnlicher Dienstag

An einem stürmischen Dienstag in den frühen Fünfzigerjahren kam ein guter Freund von uns vorbei, um uns die Nachricht von der Geburt seiner Tochter zu bringen. Er fragte meinen Mann Harold, ob er mit ihm ins Krankenhaus käme. Sie sagten, ich solle sie zum Abendessen zurück erwarten.

Die beiden machten bei einem Blumengeschäft Halt, um für die junge Mutter eine Schale mit Tulpen auszusuchen, und es kam meinem Liebsten in den Sinn, auch für seine Ehefrau Tulpen mitzubringen. Darüber hinaus entschied er sich noch für zwei Dutzend rote Rosen und setzte alles unter die Ausgaben, die ich in unserer Liste für Beerdigungen und Sonstiges vorgesehen hatte. (Ich nehme an, er war der Ansicht, dies falle unter Sonstiges.)

Nach dem Besuch im Krankenhaus gingen sie noch kurz auf ein Bier in das Gasthaus "Zum Hahn" und nahmen die Blumen mit, damit sie im Wagen nicht welkten. Wie das so ist, führte eins zum anderen, und die Stammgäste des Hauses erkundigten sich nach Sinn und Zweck der roten Rosen und der Tulpen. Unvorbereitet und etwas ärgerlich antwortete Harold: "Sie sind ein Geschenk zum Hochzeitstag für meine Dot."

Doch es war nicht unser Hochzeitstag und auch nicht mein Geburtstag - nur ein ganz gewöhnlicher Dienstag. Ein Stammgast nach dem anderen gab meinem Mann und seinem Freund einen Drink zur Feier seines Hochzeitstages aus. Gegen halb zehn Uhr zogen die Stammgäste ihn dann damit auf, dass er allein feierte. "Meine Frau hat bis zehn Uhr zu tun", antwortete er. "Sie trifft mich hier zum Steakessen im Kiefernzimmer." Daraufhin bestellte er nicht nur für uns, sondern für alle Stammgäste des Hauses Steaks. Der Wirt deckte die Tafel frohen Mutes für achtzehn Personen.

Nun gab es ein Problem: Wie könnte ich dazu bewegt werden, auf der Bildfläche zu erscheinen? Es war nicht mein Lieblingsrestaurant, es war spät, er hatte das Abendessen verpasst und ich war höchstwahrscheinlich besorgt und verärgert.

Mein Angetrauter rief ein Taxi und sagte dem Fahrer, der ein Freund von ihm war, dass er nach Dublin fahren und zu Dot sagen solle, er sei in Schwierigkeiten im Gasthaus "Zum Hahn" und sie solle sofort kommen. Ich war in Nachthemd und Bademantel und hatte hässliche metallene Lockenwickler im Haar, als der Taxifahrer klingelte. Ich warf einen Mantel über, zog meine Stiefel an und lief hinaus.

Die Bar war leer, als wir im "Hahn" ankamen. "Meine Güte", sagte ich. "Es muss wirklich etwas Ernstes sein." Eine Kellnerin führte mich in den verdunkelten Bankettraum. "Überraschung! Überraschung!" Harold stand auf und schob mir meinen Stuhl hin. Er küsste mich auf die Wange und flüsterte: "Ich werde es dir später erklären." Das wird er tun, darauf kannst du wetten.

Nun gut, Rosen sind Rosen, Steak ist Steak und verheiratet ist verheiratet, in guten wie in schlechten Tagen. Ich roch an den Rosen, lächelte meinen fremden Gästen zu, und unter dem Tisch gab ich meinem Mann hörbar einen Tritt. Ich hatte nie zuvor mit diesen Menschen gespeist und würde es aller Wahrscheinlichkeit nach auch nie wieder tun, doch wusste ich, dass ihre Glückwünsche aufrichtig waren. Ich tanzte in meiner Zubettgehgarderobe und meinen Stiefeln sogar den "Hochzeitswalzer", um die Tatsache zu feiern, dass es nur ein ganz gewöhnlicher Dienstag war.
Dorothy Walker

Aus: "Viel mehr Hühnersüppchen für die Seele" 
Jack Canfield / Mark Hansen

Immer dann wenn mir das Herz schwer oder der Zorn über die ignorante Abgestumpftheit vieler Menschen zu sehr auf mein schlichtes Gemüt drücken, greife ich im Bücherregal zu einem Buch aus meiner Sammlung "Hühnersuppe für die Seele" und spätestens nach der dritten Geschichte schöpfe ich neue Kraft und meine Gedanken werden frei, mein Zorn schwindet und ich bin wieder in der Lage nach neuen Möglichkeiten zu suchen in meinem Umfeld das Bewusstsein zu schärfen für die Problem dieser Welt.

Paulichen

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