Essay von Peter Haisenko
Achtzig
Prozent der Menschen sind dumm. Dumm in dem Sinn, dass sie kaum
eigenständige Entscheidungen treffen können oder selbstständig
komplexere Vorgänge beurteilen. Sie sind nicht kreativ und darauf
angewiesen, geführt zu werden. Das bewirkt, dass Meinungsführer
bestimmen, wohin die Reise geht. Mit welcher Legitimation auch immer sie
das tun, ist zwei Kriterien geschuldet: Viel Geld oder
außergewöhnliches Charisma.
Die
Geschichte nicht nur der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass gerade
Länder zu außergewöhnlichen Leistungen und Entwicklungen fähig sind,
deren politische Verfasstheit nicht als „lupenrein demokratisch“
bezeichnet wird. Auf der demokratischen Seite muss dagegen Verfall
moralischer Werte und fortschreitender Stillstand konstatiert werden.
Großprojekte können kaum noch reibungsarm realisiert werden und das
Großkapital beherrscht die Politik. Einst erkämpfte Sozialstandards
werden aufgegeben zugunsten plutokratischer Machtentfaltung. Die
demokratische Welt ist nicht friedlicher geworden.
Gab
es jemals Demokratie in dem Sinn, wie sie von den griechischen
Erfindern selbst praktiziert worden ist? Nicht in der Neuzeit! Für die
Altgriechen galt das demokratische Prinzip nur für eine elitäre
Minderheit. Eben jene etwa zwanzig Prozent oder weniger, von denen man
annahm, dass sie zu eigenständigem Denken fähig sein könnten. Diese
Elite sollte untereinander ausdiskutieren, was für das Volk der beste
Weg sein könnte. Das Ergebnis ist dann auch umgesetzt worden, mit allen
Konsequenzen. Die Verantwortung für die Entwicklung konnte klar
zugeordnet werden. Das hat es in der modernen Demokratie nie gegeben.
Zweifelhafte „Segnungen“ unserer Demokratie
Revolutionen
oder grundsätzliche Neustrukturierungen sind nur in Ausnahmefällen von
unten ausgelöst worden. Immer stand einer Bewegung ein elitärer Kopf
voran, im weitesten Sinn. Die Sozialreformen, deren Reste wir noch heute
in Europa genießen dürfen, sind zu einer Zeit entstanden, als noch
Kaiser und Könige herrschten. Amerika, die USA, von Anbeginn ohne allein
verantwortlichen Herrscher haben dementsprechend an dieser sozialen
Entwicklung nicht teilgehabt. Gewiss, die Zustände der unklar
definierten Verantwortlichkeiten für Entwicklungen, also die Absenz
eines verantwortlichen Herrschers, hat den USA Zeiten rasanten
Fortschritts beschert. Allerdings muss man nur hundert Jahre
zurückblicken und wird erkennen, dass diese Entwicklung keinesfalls das
Maß der Dinge war. So konnte zum Beispiel das Deutsche Kaiserreich in
den Jahren von 1871 bis 1900 sein BIP vervierfachen und die
demokratischen USA nur verdreifachen. Nebenbei bemerkt, fand diese
Entwicklung vollständig ohne Inflation statt.
Die
scheinbaren Erfolge der westlichen Demokratien sind nicht dieser
Staatsform geschuldet. Es war vielmehr die rasante technische
Entwicklung, die die Defizite der demokratischen Nicht-Verantwortung
überdeckt hat. Dieser technische Fortschritt hätte in jeder Staatsform
zu einem ähnlichen Wohlstand geführt, den wir heute genießen können.
Vielleicht stünden wir heute sogar besser da, ohne unsere hochgelobte
Demokratie. Diese Demokratie hat im Wesentlichen zwei Defizite: In der
vorgeblichen Idealform existiert sie gar nicht und sie ist zu einer
Religion erhoben worden, die ein „wahrer Demokrat“ nicht anzweifeln
darf. Die Folge sind Kreuzzug-artige Kriege die die ganze Welt mit den
„Segnungen“ der Demokratie beglücken sollen, ob es nun zu gewachsenen
Strukturen passt oder nicht. Ich sehe hier keinen Unterschied zur
Weltbeglückungsideologie des Kommunismus.
Verantwortlichkeit bleibt relativ – die nächste Wahl steht an
Das
größte Manko moderner Demokratien ist die Absenz direkter
Verantwortlichkeit. Man kann sich immer auf einen „Volkswillen“ berufen,
der in einer repräsentativen Demokratie aber gar nicht ermittelt wird.
Eine wiederum amorphe Masse von Parteigängern kungelt untereinander aus,
was das Volk zu wollen hat. Wahlgänge werden pervertiert, indem Themen,
die das Volk wirklich bewegen, erst gar nicht zur Wahl gestellt werden.
Beispiele? Atomwaffen in Deutschland. Jugoslawien-Krieg. Einsatz in
Afghanistan. Beschränkung der Banken-Macht/Kapitalkontrolle.
Sozialpolitik. Asylpolitik und ganz aktuell Sanktionen gegen Russland.
Sollten demographische Erhebungen ergeben, dass das (dumme) Volk mit dem
Handeln der Regenten zu wenig einverstanden ist, dann werden die
gleichgeschalteten Medien eingesetzt, um das (noch dümmere) Volk wieder
auf den „richtigen Weg“ zu bringen. Demokratie? Freie Willensbildung?
„Teamwork“
heißt die große demokratische Errungenschaft. Welche Qualität von
Ergebnissen kann aber von einem Team erwartet werden, für die ohne einen
klar verantwortlichen Teamleiter letztlich niemand Verantwortung
übernehmen muss? Wenn selbst Vorstandsvorsitzende mit Verträgen
ausgestattet sind, die ihnen selbst im Fall des eindeutigen Scheiterns
Millionenzahlungen auf Lebenszeit garantieren? Wenn Parteien ihre
Versprechen wieder nicht gehalten haben mit dem entschuldigenden Verweis
auf die Probleme mit dem Koalitionspartner?
Hier
zeigen sich die nächsten Probleme der repräsentativen Demokratie.
Gleichgültig wie genial eine Neuerung der Regierung auch sein mag, die
Opposition wird sie niemals loben; im Gegenteil die auch nur kleinste
Made im Gefüge zu einem Drachen hochstilisieren, das ganze Projekt
verdammen. Die Zeiten, in denen wirklich regiert wird, sind zu kurz. Es
wird nur noch auf die nächste Wahl geschielt. Im deutschen System ist es
geradezu katastrophal. Die zwischengeschobenen Landtagswahlen erlauben
nicht einmal geschlossene Zeiträume von vier Jahren, wenigstens für
diesen Zeitraum zukunftsweisende Politik zu machen.
Das Gemeinwohl verliert, wenn jeder Recht hat
Wo
zu Zeiten der Kaiser und Könige noch generationsübergreifend geplant
worden ist, werden heute Straßen innerhalb weniger Jahre mehrmals
aufgegraben, weil eine vernünftige, zukunftsorientierte Planung nicht
stattfindet. Die „Märkte“, für die wiederum niemand verantwortlich sein
kann, können eine langfristige Planung nicht ersetzen. Betrachten wir
dazu Berlin und München. Berlin ist heute so attraktiv, geradezu
großartig, weil eine Planung da war, die die Anlage der Stadt zu ihrer
Erbauungszeit weit in die Zukunft projektiert hat. Die Münchner
Wasserversorgung, erbaut vor 150 Jahren, als München gerade 100.000
Einwohner hatte, reicht heute noch aus für die Versorgung einer
Millionenstadt. Das Walchensee-Kraftwerk, bei dessen Erbauung die Frage
gestellt worden ist, ob man jemals so viel Strom brauchen wird. In
unserer wunderbaren Demokratie wird nicht einmal mehr ein
Hauptstadt-Flughafen geplant, geschweige denn gebaut, der bei
Fertigstellung den aktuellen Bedürfnissen gerecht wird.
Es
mag zwar attraktiv erscheinen, wenn die Rechte eines jeden
berücksichtigt werden müssen. Auf der anderen Seite müssen hier jedoch
mindestens zwei Fragen gestellt werden: Ist es nicht oftmals eine Gruppe
mit ganz anderen Interessen, die sich das Vehikel des Individualrechts
zu Nutze macht, ihre eigenen, ganz anderen Interessen durchzusetzen?
Muss das Individualrecht nicht zurückstehen, wenn der allgemeine
Fortschritt dadurch behindert, ja unmöglich gemacht wird? Eine
demokratische Regierung kann das nicht leisten. Vor allem deswegen, weil
die Gesellschaft von den Medien in einen Zustand versetzt worden ist,
der bei nahezu allen Themen ein ausgeglichenes Verhältnis von
Befürwortern und Gegnern garantiert. Das gibt den Medien die Macht zu
entscheiden, welcher Weg gegangen werden soll. Die wenigen aber
entscheidenden Prozente der Unentschlossenen können so in die „richtige“
Richtung gelenkt werden. Die „Opposition“ tut das Ihrige dazu.
Wer trägt die Verantwortung? – Alle und niemand!
Demokratie?
Haben wir nicht! Wir haben die Diktatur der Medien und damit die
Diktatur des Kapitals, denn dieses beherrscht die Medien. Wenn man aber,
ganz demokratisch das Volk vor die Wahl stellte zwischen einem
(allein-verantwortlichen) Regent oder dem egoistisch gierigen Kapital,
dann dürfte diese Wahl eindeutig zugunsten des Regenten ausfallen, der
im glücklichsten Fall auch noch weise ist. Wenn er das nicht ist, dann
hat man wenigstens jemanden, den man mit Schimpf und Schande zur
Rechenschaft ziehen kann. Zum Beispiel bei der Besteuerung. Es gab
niemals höhere Steuersätze als in demokratischen Staaten. Es gehört
leider nicht zum Allgemeinwissen, dass zum Beispiel im Deutschen
Kaiserreich der Höchststeuersatz unter fünf – wiederhole FÜNF - Prozent
lag und dieser nur von Bürgern der oberen Mittelschicht aufwärts
gefordert worden ist. Die Kriegsmarine des Kaisers ist von der
Sektsteuer finanziert worden und betraf so logischerweise nur die
Oberschicht.
Auch
Kriege hatten zur Kaiserzeit eine andere Auswirkung auf das Volk.
Offiziere rekrutierten sich aus der Adelsschicht und mussten so an die
Front. Heute, in der gelobten Demokratie entziehen sich die Sprösslinge
der Politiker dem Wehrdienst, seit dem Ende der Wehrpflicht sowieso.
Früher hatte der Regent die Verantwortung für einen Krieg zu tragen.
Schröder und Fischer, die Deutschland mit dem jugoslawischen Sündenfall
wieder zur kriegsführenden Nation gemacht haben, sind aus ihrer
Verantwortung hierfür längst entlassen worden, ja, sie wurden niemals
auch nur Ansatzweise an ihre Verantwortung erinnert. Es war ja eine
„demokratische“ Entscheidung, für die die nächsten Regierungen jetzt die
Verantwortung tragen müssen, oder eben auch nicht. Auf jeden Fall kann
sich jeder dümmlich darauf berufen, dass er selbst die Verantwortung
nicht zu tragen hat – siehe Obama, der Guantanamo immer noch nicht
geschlossen hat und weltweit mehr Zivilisten mit Drohnen ermordet, als
seine Vorgänger.
Das Kapital bestimmt, die Demokratie muss parieren
Kein
Kaiser oder König hätte sich erlauben können Kriege zu führen, die
Jahrzehnte dauern. So grausam sie waren, der Erste und der Zweite
Weltkrieg, sie dauerten vier und sechs Jahre. Die Bundeswehr steht jetzt
seit mehr als zehn Jahren in Afghanistan und deutsche Soldaten sind
seit bald zwanzig Jahren im Kosovo. Ein Kaiser würde in ärgste
Erklärungsnot kommen, wenn er seinem Volk die Notwendigkeit begreiflich
machen sollte, warum er Volksvermögen für irgendwelche Kriegseinsätze in
der Welt veruntreut, die uns realistisch gesehen nichts angehen, eher
im Auftrag des „großen Freundes“ stattfinden.
Demokratie
heutiger Fasson ist die Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.
Das Kapital bestimmt darüber, welche Entwicklungen und Forschungen
gefördert oder abgewürgt werden. Abgewürgt, wenn sie die Gefahr bergen,
die Macht des Kapitals in Frage zu stellen. Das Wohl des Volks, eine
positive Entwicklung für alle ist in den Zielen der Geldgewaltigen nicht
enthalten. Die Demokratie ordnet sich den Wünschen des Kapitals unter.
In diesem Sinn muss festgestellt werden, dass die Demokratie wie wir sie
erleben müssen, erleiden müssen, für eine nachhaltig positive
Entwicklung der Völker ungeeignet ist.
Das System ist am Ende – eine neue Demokratie muss her!
Die
jüngste Entwicklung in Sachen Demokratie setzt dem ganzen die Krone
auf: Private „Schiedsgerichte“ entscheiden, ob ganze Staaten
„Entschädigungen“ an wiederum private Konzerne zahlen müssen, wenn sie
Gesetze haben oder beschließen, die den Gewinn von Konzernen schmälern
könnten. Das hat mit Demokratie nichts mehr gemein, denn kein Volk würde
in einer echten demokratischen Entscheidung derartiges zulassen. Da es
aber in offiziell demokratisch bezeichneten Staaten zugelassen wird und
vermehrt zugelassen werden soll, kann man nur noch feststellen, dass
diese „Demokratie“ die Entwicklung der Menschheit behindert, verhindert,
komplett ins Gegenteil dessen pervertiert, was Demokratie eigentlich
leisten soll; was die Menschheit voranbringen könnte.
Es
ist an der Zeit, das „Sakrileg“ gesellschaftsfähig zu machen,
Demokratie, wie wir sie kennen, zu hinterfragen. Geld regiert die Welt!
Besonders in demokratischen Systemen und das ist undemokratisch, also
ein Oxymoron denn die „Finanzwirtschaft“ ist alles andere als
demokratisch. Es mag sein, dass die bekannte Demokratie eine Zeit lang
Gutes geleistet hat. Jetzt ist sie aber in ein Endstadium übergegangen,
das seine Funktionsfähigkeit in dieser Form nicht mehr leistet.
Wollen
wir den weltweiten Kriegen und Krisen ein Ende bereiten, müssen wir
unsere Gesellschaftsform reformieren, den neuen Gegebenheiten anpassen.
Wir müssen diejenigen, die Entscheidungen für uns treffen,
verantwortlich machen können für ihre Entscheidungen und gegebenenfalls
bestrafen. Sehen wir uns dazu an, welche Entwicklungen möglich sind in
Ländern, die nicht „lupenrein“ demokratisch sind. Versuchen wir daraus
zu lernen, anstatt diese Länder pauschal zur „Achse des Bösen“ zu
verdammen, in quasi-religiöser Manier. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit
wieder einmal irgendwo in der Mitte und das wäre dann echte Demokratie,
wenn die Allgemeinheit davon profitiert.
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Sehen
Sie dazu die Rede von Vladimir Putin (in deutscher Übersetzung) vor der
„Valdai-Konferenz“ in Sotschi: Gorbatschow sagt dazu „Die Rede war
erschütternd. Ich glaube, dass es ein solches Statement seit der ganzen
Zeit der Regierung Putins nicht gegeben hat. Vielleicht deshalb, weil
die Situation dies fordert. In den Hauptzügen bin ich mit allen Gedanken
einverstanden, die er geäußert hat." Dem stimme ich zu. Unbedingt
sehenswert. https://www.youtube.com/watch?v=g6zyl2hGXWo
Quelle: http://www.anderweltonline.com/politik/politik-2014/demokratie-behindert-die-entwicklung-der-menschheit/
Ein herzliches Danke an Peter Haisenko